Lade

Tippen zum Suchen

Gesellschaft

Zwischen Bits und Sand

Seit ihrem Freiwilligendienst in Afrika verbindet Amanda Badicke Technik mit sozialem Engagement. Ihre Leidenschaft für Computer hat sie schon als Kind entdeckt.

von Inken Paletta

Bereits mit drei Jahren beobachtet Amanda Badicke fasziniert, wie ihr sechs Jahre älterer Bruder am Computer tüftelt. Nach dem Abitur führt ihr Weg sie nach Birmingham und Nürnberg, bevor sie parallel zu ihrem dualen Studium bei der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zu arbeiten beginnt. Dort startet sie in der Abteilung „EDV und Organisation“ der EKHN ins Berufsleben. Nicht nur die Faszination für Computer hat Badicke mit in ihr Berufsleben genommen. Schon als Schülerin träumt sie davon, einen Freiwilligendienst in Afrika zu leisten. Nach dem Abitur scheitert das Vorhaben zunächst an den Kosten. Doch die Idee, sich sozial zu engagieren, lässt sie nicht los.

IT-Beraterin in Malawi
Als die Altersgrenze von 28 Jahren für das Programm „Weltwärts“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung näher rückt, verwirklicht Amanda Badicke ihren Afrikatraum. Die EKHN gewährt ihr ein Sabbatical und der Träger „Freundeskreis Malawi“ in Hannover teilt ihr den Einsatzort Malawi zu. Ende September 2018 packt Amanda Badicke ihre Koffer und reist in ein Land in Südostafrika, das sie bis dahin nur aus dem Internet kennt. Neun Monate lang lebt und arbeitet sie in Malawi auf dem Campus des Blantyre Teachers Training College. Ihre Unterkunft ist eine spartanisch eingerichtete Hütte, in der Sand durch jede Ritze kriecht. In der Trockenzeit prägen Stromausfälle ihren Alltag, da die Energieversorgung von der Wasserkraft des Malawisees abhängt. „In der Trockenzeit ist der Wasserstand zu niedrig, so dass täglich für ein paar Stunden in einem anderen Stadtteil von Blantyre der Strom abgestellt werden muss, sonst reicht die Energie nicht für alle. Das prägte auch unsere Unterrichtsplanung“, erinnert sich Badicke. Der Sand setze auch den Computern zu, die daher regelmäßig gewartet werden müssten. Doch die Herausforderungen halten sie nicht auf. Zunächst unterrichtet Badicke in Blantyre 200 angehende Grundschullehrkräfte in Office-Programmen, später auch junge Erwachsene ohne Schulabschluss am St. John Paul II – Leadership & IT Institut. „Malawi ist eines der ärmsten Länder der Welt“, erklärt sie und ergänzt: „Bildung ist nur bis zur sechsten Klasse kostenlos. Viele Eltern können die Schule danach nicht finanzieren. Fast die Hälfte der Jugendlichen verlässt daher die Schule ohne Abschluss. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Ein IT-Zertifikat kann hier der Schlüssel zu einem Job sein – zumindest in den Städten.“

Zwischen Nsima und Cola
Neben der Arbeit sammelt Badicke unvergessliche Eindrücke. Weihnachten feiert sie in Malawi bei einem Freund und dessen Familie, die extra für die Festtage ein Huhn schlachtet. In Malawi ist Fleisch ein Luxusgut, das sich nicht jeder leisten kann. Deshalb wird es meist für besondere Anlässe vorbehalten. Mit Freunden besteigt sie dreimal das imposante Mulanje-Plateau. Kulinarisch entdeckt sie Nsima, einen malawischen Maisbrei sowie ihr bis dahin unbekannte Gemüsesorten wie Kürbis- und Bohnenblätter oder Okraschoten. Als Dessert gibt es oft Mandasi, eine Art Siedegebäck, das einem Berliner ähnelt. „Und so viel Cola wie in Malawi habe ich seitdem nie wieder getrunken“, berichtet sie schmunzelnd, denn „Flaschen mit Kronkorken sind sicher. Trinkwasser oder andere Getränke in Flaschen mit Schraubverschluss können verunreinigt sein.“ Ihre Erlebnisse hält Badicke auf ihrem Blog „Nine month in Malawi“ fest. „Ich hatte in Malawi nur etwa 500 MB Datenvolumen pro Monat zur Verfügung – genug für E-Mails, aber kaum für den Blog sowie Sprach- oder Videocalls nach Hause“, erinnert sie sich. Neben Reiseerlebnissen finden sich auf ihrem Blog auch Rezepte: „Ich habe sie mit Sternen versehen, die zeigen, welche Gerichte sich in Deutschland nachkochen lassen.“

Herzenssache Malawi
Nach ihrer Rückkehr gibt Badicke ihr Wissen weiter: Sie bereitet Freiwillige in Seminaren auf ihren Auslandsdienst vor und entwickelt gemeinsam mit dem malawischen Fotografen Neddie Msiska die interaktive Ausstellung „Malawi – Meet the warm heart of Africa“. Mithilfe von Quizkarten und Alltagsbildern gibt die Ausstellung Einblicke in das Land und seine Kultur, beispielsweise erfahren die Besucher und Besucherinnen mehr über die Bedeutung des Malawisees für das Leben der Menschen. Die Ausstellung war bereits in Wiesbaden zu sehen und soll nun durch zwei weitere Bundesländer wandern. Mit etwas Vorlauf können auch Schulen, Gemeindezentren und Rathäuser in Hessen die Ausstellung über den Verein niedersächsischer Bildungsinitiativen ausleihen. „Gerne begleite ich die Ausstellung auch persönlich und berichte von meinen Erlebnissen“, sagt Badicke. Für sie ist klar: Malawi wird immer ein zentraler Teil ihres Lebens bleiben. Deshalb möchte sie mit ihrer Familie bald nach Malawi reisen und sich zur interkulturellen Referentin weiterbilden. So will sie Beruf und Leidenschaft verbinden.

Blog: ninemonthsinmalawi.wordpress.com
Foto: Neddie Msiska

Tags
Vorheriger Artikel