Kleinkunst mit allen Sinnen erleben
Theater, Kabarett, Musik – es ist viel los auf und neben den Bühnen der STUZ-Region. Wir stellen die Spielstätten in der Region vor. In dieser Ausgabe: thalhaus Theater.
von Tim Porzer
Die Nerotal-Anlagen laden zwischen alten Bäumen zum Flanieren und Entschleunigen abseits des Innenstadtgewusels ein. Umgeben von dieser Parklandschaft bildet das thalhaus Theater ein kulturelles Kleinkunstdomizil. Bereits vom geräumigen Entree aus, wo das Personal die Gäste willkommen heißt, eröffnet sich der Blick auf die Empore. Das digital entflammte Kaminfeuer, die Kerzenhalter und das schwarze Klavier entfachen eine heimelige Atmosphäre und laden zum Eintreten ein. Durch den mit Sitzgelegenheiten gesäumten Gastronomiebereich des Café Löwenherz gelangt man an die Bar, die mit einer breiten Auswahl an alkoholischen und antialkoholischen Getränken die Zeit vor und nach der Vorstellung begleitet. Schon bevor das eigentliche Abendprogramm beginnt, wird deutlich: Im thalhaus Theater sind das gastronomische Angebot und die persönliche Atmosphäre integrale Bestandteile. Für Marian Drabosenik geht es dabei um ein „Erleben mit allen Sinnen“. Bereits 2006 stand er selbst als Künstler auf der Bühne. Seitdem ist Drabosenik auf und neben der Bühne aktiv und mit Leidenschaft dabei, mittlerweile als Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter.
Buntes Programm
Das Herzstück ist aber die Bühne und die Kunst. Das vielseitige Unterhaltungsprogramm kombiniert Kabarett und Stand-up-Comedy mit Improvisationstheater, ausgewählten Konzerten und einer Brise Zauberei und Varieté. Die Jazz Session verbindet einmal im Monat das klassische Konzerterlebnis mit der Möglichkeit, sich spontan musikalisch an der Vorstellung zu beteiligen. Bei der Programmzusammenstellung setzt das thalhaus auf einen Mix aus regionalen Acts und etablierten Namen. Durch Formate wie den Wiesbadener Comedy Club bekommt auch der Nachwuchs eine Bühne. Johannes (Lehrer) Schröder und Mirja Regensburg sind nur zwei Beispiele für Künstler und Künstlerinnen, „die hier klein angefangen haben und nun wieder zurückkommen“, berichtet Drabosenik von der Attraktivität dieser Bühne für die Acts.
Im Theatersaal setzt sich die persönliche Atmosphäre fort. Der Raum erinnert an den privaten Salon eines historischen Herrenhauses. Für bis zu 120 Gäste kann bestuhlt werden. So entsteht das Gefühl, die Vorstellung auf der Bühne unmittelbar und gemeinschaftlich zu verfolgen. Die Bühne selbst bietet durch ihre variable Tiefe für verschiedene Darstellungsformen die nötige Flexibilität und Ausstattung.
Die Nähe unter den Gästen, aber auch zwischen Publikum und Künstler bzw. Künstlerin, setzt sich nach der Vorstellung fort: „80 Prozent der Künstler gehen immer raus, machen Fotos und stehen für ein Meet and Greet bereit – und das machen auch die großen Namen“, erzählt Drabosenik. So wird die Idee der Kleinkunst fortgesetzt.
Geschichte und Wandel
1977 wurde das heutige thalhaus von einer Gruppe Kunstschaffender sowie Aktivisten und Aktivistinnen gegründet. Seit 1998 ist die Spielstätte im Nerotal beheimatet. Die eigens rekonstruierten rot, grün und braun gefärbten Fliesen im Majolika-Stil sowie der kleine Brunnen prägen den Durchgang zwischen Café Löwenherz und Bühnensaal. Sie erinnern noch heute an die Vergangenheit des Gebäudes als Kaltwasseranstalt und Klinik. Dass die Spielstätte auch heute noch aktiv und erfolgreich ist, liegt auch an der künstlerischen Neuausrichtung, die seit 2015 vorangetrieben wird. Die Geschichte des thalhaus ist die von einem „institutionellen, kleinen Verein zu einem Kulturbetrieb“, weiß Drabosenik. „Corona hat uns die Freiräume gegeben, uns neu aufzustellen“, erklärt er und ergänzt: „2024 war das beste Jahr in der Geschichte des Hauses. Mittlerweile sind wir sehr oft ausverkauft.“ Dafür sorgt das eingespielte Team aus festangestellten und ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die zu großen Teilen auch Mitglieder des dahinterstehenden Vereins sind. Das thalhaus Theater ist mittlerweile nicht nur eine vielseitige Kleinkunstbühne, sondern auch ein beliebter Trauungsort. Regelmäßig ist das Standesamt im Haus – 2025 bisher ganze 22-mal, berichtet Marian Drabosenik.
Weiter aktuell
Auch zwei Jahre vor dem bevorstehenden 50. Jubiläum 2027 sind die künstlerischen Themen des thalhaus Theaters am Puls der Zeit. Ein künstlerischer Schwerpunkt des Hauses war schon immer die Galeriearbeit. Mit der Ausstellung „Liebe ohne Grenzen“ verbindet das thalhaus den historisch gewachsenen Schwerpunkt des Hauses mit dem aktuellen Thema der Fluchtbewegungen in der Welt. Sämtliche Kunstwerke wurden von Geflüchteten geschaffen. Und gerade in Zeiten, in denen eine zunehmende Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung weltweit zu beobachten ist, und in der es scheint, dass kaum jemand mehr über sich selbst lachen kann, ist das Kabarett von höchster Bedeutung. Das weiß auch Marian Drabosenik, wenn er betont: „Kabarettprogramme haben einen Bildungsauftrag, sie sind die Prunkstücke unserer Demokratie.“
WTF
thalhaus Theater
Nerotal 18
65193 Wiesbaden
thalhaus.de


