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Mainzer AStA verliert vor Gericht

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In einem Rechtstreit um den Ausschluss der Hochschulgruppe Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung zog der AStA den Kürzeren.

von Michel Süss

Die Mainzer Studierendenvertretung muss 380,80 Euro Fördergeld an die Hochschulgruppe Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung (HSG) zahlen und sie wieder als solche anerkennen. Das entschied das Mainzer Verwaltungsgericht am 22.September. Weshalb diese Auseinandersetzung überhaupt bis in den Gerichtssaal getragen werden musste, ist nicht ganz klar. Der AStA verweigert dazu jegliche Stellungnahme.

Angefangen hatte alles 2017: Der AStA kritisierte die Zusammenarbeit der HSG mit der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), weil diese dem Philosophen Peter Singer ihren Ethik-Preis verlieh. Singer, ein australischer Moralphilosoph, zählt zu den kontroversesten Autoren im medizinethischen Diskurs: Während seine Ansätze zur Gleichberechtigung von Tieren und Menschen gefeiert werden, erzürnt er viele Menschen mit seinen Äußerungen zu Fragen von menschenwertem Leben, diskutiert Singer doch hier auch die moralische Vertretbarkeit der Tötung von schwerbehinderten Säuglinge.

Ein Jahr später (2018) folgte die nächste Rüge: Nachdem der Islamkritiker und gbs-Beirat Hamed Abdel-Samad einen Vortrag bei der HSG hielt, kritisierte der AStA, Abdel-Samad würde den Islam mit Extremismus gleichsetzen, und sprach ihm die Vereinbarkeit mit der Demokratie ab. In der Folge schloss der AStA die HSG von den Hochschulgruppen-Messen dauerhaft aus, bis sie sich, so die Forderung, öffentlich von der gbs distanziert und sich für die vergangene Aussagen bei einer Vollversammlung entschuldigt hätte.

Welche Aussagen zu entschuldigen gewesen wären, wurde laut der HSG bis heute nicht mitgeteilt. Zudem verweigerte der AStA einen Zuschuss von 380,80 Euro für eine Informationsveranstaltung und entzog der HSG die Registrierung als Hochschulgruppe. Die beiden Jura-Studenten und Mitglieder der HSG, Einar Matthes und Marcus Licht, suchten ihrer Aussage nach wiederholt das Gespräch mit dem AStA, der aber auf den Gesprächswunsch nicht eingegangen sei. Das sei letztlich der Auslöser gewesen, den AStA vor dem Verwaltungsgericht zu verklagen. Das Gericht gab der klagenden HSG Recht und begründete den rechtswidrigen Ausschluss in ihrem Urteil wie folgt: Als Verwaltungsbehörde und Vertreter der gesamten Studierendenschaft müsse der AStA politische und ideologische Neutralität wahren. Davon abgesehen würde die HSG nicht wie vom AStA vorgeworfen eine „Pflege der Weltanschauung“ betreiben. Weder Personen der gbs als Dachorganisation der HSG, noch Personen der HSG konnte ein „Verstoß gegen die Grundsätze der Förderung“ nachgewiesen werden.

„Auch nach der Gerichtsverhandlung haben die Vertreter*innen des AStA das Gespräch mit uns leider verweigert,“ sagt Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der gbs. Eine Agenda des AStA sieht er aber nicht: Die inhaltlichen Unterschiede zwischen der gbs, der Denkfabrik und dem AStA seien „tatsächlich sehr viel geringer, als der AStA es sich selbst einredet“, so Schmidt-Salomon. Auch Matthes und Licht vermuten keine Fehde, sondern eher Selbstdarstellung: „Das Verlangen, sich politisch zu positionieren, scheint für einige Plenumsmitglieder so groß zu sein, dass ihnen die systematische Benachteiligung einer Hochschulgruppe […] als gerechtfertigtes Mittel erscheint.“

„Ein Freund-Feind-Lagerdenken, das leider auch im linken Spektrum verankert ist“, befürchtet Schmidt-Salomon und fährt fort: „Damit stärkt man die offene Gesellschaft ganz sicher nicht.“ Auch Einar Matthes und Marcus Licht erwarten ein Umdenken des AStAs. Dieser müsse nichts weiter tun, als die Denkfabrik so wie alle anderen Hochschulgruppen auch zu behandeln.

Der AStA schien mit dem Urteil zuerst nicht zufrieden. Ihr Rechtsanwalt hatte laut der Denkfabrik am 4. November einen Antrag auf Berufung gestellt, diesen aber am 6. Dezember zurückgenommen. Dadurch ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz rechtskräftig. Bisher blieb der AStA gegenüber Anfragen der STUZ stumm: Obwohl Interesse bekundet und eine Zusage gegeben wurde, Stellung zu beziehen, hat unsere Redaktion auch nach mehreren Nachfragen keine Rückmeldung erhalten.

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