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Gastro Gesellschaft Mainz Stadt

Bierexpertin mit Mission

Inken Küpper von „Bierliebe Mainz“ ist ausgebildete Bier-Sommelière, IHK-Bierbotschafterin und Genussvermittlerin. In ihren Tastings zeigt sie, dass Bier weit mehr ist als nur ein Feierabendgetränk.

von Inken Paletta

Wer an ihren Bier-Tastings oder Brauereiführungen teilnimmt, merkt schnell: Hier geht es nicht nur ums Trinken. Küpper macht Bier als Handwerk erlebbar – mit Anekdoten, Fachwissen und viel Begeisterung. Die gebürtige Düsseldorferin und heutige Wahlmainzerin bringt mit ihren Bierverkostungen, spannenden Food-Pairings und einer Herangehensweise jenseits gängiger Klischees frischen Wind in die Mainzer Genusslandschaft: „Ich möchte, dass die Leute Bier nicht nur trinken, sondern erleben“, sagt sie. Rund 80 Prozent aller Aromen nehmen wir über die Nase wahr – die Zunge erkennt lediglich süß, sauer, salzig, bitter und umami. Erst das Zusammenspiel aller Sinne – Sehen, Riechen, Schmecken – macht den Biergenuss komplett. Genau auf diesen multisensorischen Ansatz setzt Küpper bei ihren Tastings.

Von der Stadtführerin zur Bierbotschafterin
Dass sie sich heute mit Sauerbieren, wilden Hefen und Craftbieren beschäftigt, hätte Küpper früher selbst nicht gedacht. Aufgewachsen in Düsseldorf, war Bier für sie lange Zeit nur ein Alltagsgetränk. Erst der Umzug nach Mainz und der Besuch von Craftbier-Messen und lokalen Bierfesten wie der Mainzer Bierbörse weckten ihre Lust, Bier neu zu entdecken. Durch ihr Studium der Geographie, Kulturanthropologie und Neueren Geschichte an der Universität Mainz fand sie über Stadtführungen bei Geographie für Alle e.V. (GfA) und Brauereiführungen für die lokale Eulchen-Brauerei den Weg in die Bierszene. 2019 absolvierte sie die IHK-Weiterbildung zur Bierbotschafterin, was den Startschuss für „Bierliebe Mainz“ bedeutete. „Der Kurs war die perfekte Möglichkeit, mein Wissen über Bier zu vertiefen. Mit meinen Bierverkostungen möchte ich zeigen, dass Bier ein echtes Genussmittel ist, kein reines Partygetränk, sondern ein Spiegel von Geschichte, Kultur und Handwerk, das mehr Wertschätzung verdient“, so die Bierexpertin. Während der Pandemie bildete sie sich zur Bier-Sommelière an der Doemens Genussakademie bei München weiter. Derzeit schreibt sie ihre Abschlussarbeit für den Zertifikatskurs „Masters of Beer“ über das finnische Sahti, ein hierzulande kaum bekanntes finnisches Traditionsbier. „In Finnland und den USA wird viel experimentiert, die deutsche Brauwirtschaft hält oft zu sehr an alten Traditionen fest“, meint Küpper. Während Craftbier weltweit boomt, beobachtet sie in Deutschland vor allem einen Trend weg vom eher bitteren Pils hin zu alkoholfreien, milderen Varianten. Gesetzliche Lockerungen beim Brauprozess könnten die Innovationsfreude der deutschen Bierbrauer stärken. Küpper erklärt: „In anderen Ländern werden Biere längst auf oder mit Früchten vergoren oder in Fässern gereift, die vorher anders belegt waren, zum Beispiel mit Rum, Calvados, Bourbon oder Bordeaux. So kommen interessante neue Bierstile zum Vorschein.“

Aromenvielfalt statt Attitüde
Küppers Biertastings sind gefragte Events – ob privat, in der Gastronomie oder in Unternehmen. Zusätzlich leitet sie Brauereiführungen für Eulchen und ist regelmäßig als Jurorin bei internationalen Bierwettbewerben im Einsatz: „Dabei entdecke ich ständig Neues: Biere mit Mangonote, im Rumfass gereift oder auf Weintrauben vergoren.“ Ihre persönlichen Bierfavoriten sind fruchtige, fassgelagerte Biere mit Charakter. „Röstmalzaromen sind nicht so mein Ding. Und ein schwedisches Brezelbier finde ich auch etwas gewöhnungsbedürftig“, sagt sie schmunzelnd. Doch gerade die Vielfalt begeistert sie am Bier: „Nicht alles muss schmecken. Bier darf auch überraschen und herausfordern. Viele Leute glauben auch, sie mögen kein Bier, doch häufig haben sie einfach noch nicht das Richtige probiert.“ Mit Fachwissen, Humor und Begeisterung erklärt Küpper bei ihren Verkostungen die Geschichte des Bieres, verschiedene Braustile und sensorische Feinheiten. Gleichzeitig räumt sie mit Vorurteilen auf – etwa, dass Bier aus der Dose automatisch billig oder minderwertig sei. „Tatsächlich schützt die Dose das Aroma oft besser, weil sie im Gegensatz zur Glasflasche mit Kronkorken absolut licht- und luftdicht ist und sich der Geschmack während der Lagerung nicht verändern kann.“ Solche Aha-Erlebnisse haben viele ihrer Gäste und schauen danach neugieriger, mutiger, experimentierfreudiger ins Bierregal. „Mainz ist jung, innovativ und kulturinteressiert – und durch die Weinkultur offen für sinnliche Erlebnisse. Das lässt sich wunderbar auch auf Bier übertragen“, weiß die Expertin. Dass sie als Frau in einer immer noch männerdominierten Szene mit Rollenklischees konfrontiert wird? Für Küpper Nebensache – schließlich hat sie sich längst einen Namen in der internationalen Bierszene gemacht.

WTF
Bierliebe Mainz
Inken Küpper
bierliebe.de

Foto: Inken Paletta

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