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Mainz auf dem Weg zur Fahrradstadt

Eine neue Strategie, frische Ideen und eine klare Vision könnten die Art, wie in der Stadt geradelt wird, grundlegend verändern. Die STUZ hat mit dem aktuellen Radfahrbeauftragten sowie der Abteilungsleiterin für Verkehrswesen über die Zukunft des Mainzer Radverkehrs gesprochen.

von Janina Dillmann

Seit Mai 2025 ist Ansgar Kundinger Radfahrbeauftragter der Stadt Mainz und leitet das fahrRad-Büro. Damit ist er die fünfte Person in diesem Amt, das es bereits seit Ende der 1980er Jahre gibt. Der studierte Bauingenieur hat schon in seiner Masterarbeit ein Radverkehrskonzept für Kaiserslautern entwickelt, in Baden-Württemberg als Mobilitätsmanager gearbeitet und dort Radverkehrskonzepte entworfen. Jetzt bringt er seine Erfahrungen nach Mainz – und hat eine Vision dabei.

„Mainz muss am Ende nicht wie eine Stadt in den Niederlanden aussehen, darum geht es mir gar nicht“, sagt Kundinger und ergänzt: „Ich wünsche mir einfach eine Stadt, in der ich abends nach einer Veranstaltung ohne Konflikte und sicher nach Hause komme – am besten auf einer Straße, die ich mir nicht noch großartig mit Autos oder Fußgängern teilen muss. Ganz entspannt eben.“ Herzstück des Wandels ist der Radkonsens Mainz, der aktuell überarbeitet und künftig schrittweise umgesetzt werden soll.

Dafür wurde die Expertise von „externen Büros aus dem fahrradfreundlichen Ausland dazu genommen, um deren Blick auf die Mainzer Radinfrastruktur zu bekommen“, erklärt Franziska Voigt, Abteilungsleiterin für Verkehrswesen. Das dänische Fachbüro Ramboll bearbeitet das Projekt nun zusammen mit dem niederländischen Büro Mobycon. Und gute Lösungen werden dringend gebraucht: Der Radverkehr in Mainz ist von 12 Prozent im Jahr 2008 auf 31 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Das müsse sich auch in der Infrastruktur widerspiegeln, so Voigt: „Die Bordsteinradwege, die wir hier seit dem zweiten Weltkrieg haben, werden weder dem Radverkehrsanteil gerecht, den wir hier haben, noch Fahrradmodellen wie E-Bikes und Lastenrädern.“

Sechs Stadtteilrouten durch Mainz
Ein besonders sichtbares Element des neuen Radnetzes sollen die sogenannten Stadtteilradrouten sein, die teilweise in Form von durchgehenden, klar erkennbaren Fahrradstraßen, als auch durch Schutzstreifen, Piktogramme, Aufstellflächen, Radfahrstreifen und in Gegenrichtung geöffnete Einbahnstraßen verwirklicht werden sollen. Ein Detail liegt dem neuen Radfahrbeauftragten bei dem Konzept besonders am Herzen: das Nebeneinanderfahren. „Das ist etwas ganz Natürliches, finde ich. Man kann sich unterhalten. Beim Autofahren sitzt man ja auch neben- und nicht hintereinander.“
Sechs solcher Routen soll es geben, so Voigt und Kundinger. Neben der bereits vorhandenen Stadtteilradroute Oberstadt-Hechtsheim, soll es auch Routen von der Innenstadt bis nach Laubenheim, Weisenau, Bretzenheim/Marienborn, Hartenberg/Gonsenheim/Finthen und Mombach geben. Auch die Altkönigstraße nach Klein-Winternheim sei als Fahrradstraße „soweit durchgeplant, dass sie in die Umsetzung gehen kann“, so die Abteilungsleiterin Franziska Voigt.

Und nicht nur die Routen selbst sollen sich verbessern, auch Serviceangebote rund ums Fahrrad sollen ausgebaut werden: Pumpstationen, Schlauchautomaten und vor allem moderne Fahrradgaragen, wie bereits am Hauptbahnhof, gehören zur Vision. „Die Idee ist, das Fahrrad geschützt draußen abstellen zu können“, erklärt Kundinger. Außerdem soll es mehr qualitativ hochwertige Fahrradständer in der Stadt geben.

Kommunikation wird großgeschrieben
Auch in Sachen Kommunikation will das fahrRad-Büro aufrüsten. Kundinger will als Radfahrbeauftragter „Schnittstelle zur Öffentlichkeit“ sein. Wer eine gefährliche Stelle meldet, werde ernst genommen. So sei eine in der STUZ kritisierte Stelle (siehe Ausgabe 289, Juni 2025) vom Team bereits aufgenommen worden – eine Lösung sei in Arbeit.

Auch die Fahrradstraßen, die künftig die Innenstadt mit den Stadtteilen verbinden sollen, sollen besser kommuniziert werden. „Radfahrende sollen die Route nicht durch Zufall finden“, betont Voigt. „Die Stadtteilradrouten sollen perspektivisch mit extra Beschilderung und farblichen Markierungen darauf hinweisen: Hier ist jetzt eine Stadtteilradroute, bei der nächsten Kreuzung müssen Sie links oder rechts abbiegen, um auf dieser Route zu bleiben.“ Auch eine „Miteinander-Kampagne“, um Konflikte zwischen Auto und Rad zu vermeiden, sei in Planung, verraten Kundinger und Voigt.

Die Planungen für den Radkonsens sind weit fortgeschritten, die Fertigstellung sei bis Ende 2025 vorgesehen. Der Weg der Umsetzung ist allerdings ein langwieriger Prozess. Bis diese Vision Realität geworden ist, kann es noch zehn bis fünfzehn Jahre dauern. Wer sich jetzt noch einbringen möchte, hat am 16. September die Gelegenheit dazu. Im LEIZA im Ludwig-Lindenschmit-Forum 1, 55116 Mainz, findet von 18.30 bis 21.00 Uhr die abschließende Bürgerbeteiligung zum Radnetz Mainz statt. Dort wird der überarbeitete Entwurf präsentiert und alle Interessierten können ihre Ideen und Anregungen einbringen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

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