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Gesellschaft Mainz Stadt

Nähmaschine, fertig, los!

Das Handarbeiten erlebt seit Corona ein Comeback. Die Neugründungen von Nähtreffs im Stadtteilladen Mainz-Lerchenberg und im ZMO Mainz-Bretzenheim zeigen: Über die manuelle Tätigkeit hinaus bestehen überraschende Gemeinsamkeiten.

von Ulrich Nilles

Im Stadtteilladen auf dem Lerchenberg summt die Kreativität: Stoffe rascheln, Nadeln klappern und an den Tischen entstehen kleine Kunstwerke aus Wolle, Garn und Stoff. Seit Juni 2025 treffen sich hier einmal im Monat samstags Frauen zwischen 25 und 70 Jahren, um gemeinsam zu nähen, zu häkeln oder zu stricken. Kaffee, Tee und Kekse stehen bereit. Der Stadtteilladen in der Regerstraße 31 ist Teil des Programms „Soziale Stadt“ in Mainz, das Bürgern und Bürgerinnen vielfältige Möglichkeiten bietet, ihr Quartier aktiv mitzugestalten.

Niederschwelliges Handarbeiten
Unter anderem findet hier der Kreativtreff statt, initiiert von Ruth van Raden und Gerlinde Dahm. Das Besondere an diesem Treff ist seine Niederschwelligkeit: Nähmaschinen, Nadeln und Anleitungen werden gestellt, Stoffe und Garne bringen die Teilnehmenden selbst mit. Und jede Person arbeitet an ihrem eigenen Projekt, von Weihnachtsanhängern über Wollpullover bis zum Stuhlüberzug – und erhält bei Bedarf Unterstützung. „Das Handarbeitsangebot sollte so gestaltet sein, dass man einfach vorbeikommen und sofort loslegen kann“, erklärt Gerlinde Dahm. Und Quartiermanagerin Anna Harris konstatiert: „Es ist toll, dass es so viele engagierte Menschen gibt und dass wir diese mit dem Verfügungsfonds bei ihren Ideen unterstützen können.“ Über diesen Fonds konnten zwei Nähmaschinen und die Grundausstattung für den Treff angeschafft werden.

Gemeinschaft erleben
Ruth van Raden überrascht mit ihrer Priorität. Für sie steht das Beisammensein im Vordergrund: „Es ist mir ein Herzensanliegen, Menschen in Gemeinschaft zu bringen, um sie zu ermutigen, ihre Stärken auszubauen und sich gegenseitig zu unterstützen.“ Patricia Meixner, die später dazukam, ergänzt: „Ich will kreativ sein, mich im Stadtteil vernetzen und Menschen aus allen Bereichen kennenlernen.“ Harris fasst zusammen: „Der Kreativtreff Handarbeit bietet eine schöne Gelegenheit, beim gemeinsamen Arbeiten miteinander ins Gespräch zu kommen und Ideen auszutauschen.“ So entsteht ein lebendiger Raum mit vielfältigen Möglichkeiten.

Die Initiatorinnen planen auch soziale Projekte: Mützchen für Neugeborene, kleine genähte Spenden für Krankenhäuser oder andere Einrichtungen. Erste Ideen sind formuliert, Motivation und Energie wachsen mit jedem Treffen.

Soziales Engagement
Was beim Kreativtreff im Stadtteil Lerchenberg als Idee reift, ist im Textil-Treff des ZMO Mainz-Bretzenheim ebenfalls im Gespräch: soziales Engagement durch gemeinsames Handarbeiten. Das Organisationsteam denkt über das Nähen hinaus und plant Projekte wie Herzkissen für Brustkrebspatientinnen, Decken für Frühchen und andere Wohltätigkeitsaktionen. „Wir möchten soziale Projekte umsetzen und dann karitativ weitergeben“, erklärt Eike Christiansen, eine der Mitgründer:innen.

Was als Idee von Felix Ehlert begann, ist seit August 2025 ein fester Treffpunkt für alle, die ihre Freude am Handarbeiten teilen möchten. Zweimal im Monat, an jedem ersten Samstagvormittag und jedem dritten Donnerstagnachmittag, können Interessierte vorbeikommen, egal ob Anfänger:in oder erfahrene Handarbeiter:in. Teilnehmende bringen ihre Vorhaben mit oder probieren Neues aus. Sämtliche Materialien und fünf Nähmaschinen stehen bereit. Und wer Hilfe braucht, erhält sie wie auf dem Lerchenberg ganz unkompliziert – mal einen Tipp hier, mal praktische Unterstützung bei einem schwierigen Schritt dort.

„Aber selbst ohne eigenes Projekt kann man eine wunderbare Zeit erleben“, weiß Ehlert zu berichten. Und Amadeus Sardon, Geschäftsführer des ZMO, ergänzt: „Wer hier vorbeischaut, merkt schnell, dass der Treff ein Ort der Begegnung und Nachbarschaftspflege ist.“

Beim Sommerstraßenfest trat der Textil-Treff erstmals an die Öffentlichkeit und lud Besucher und Besucherinnen zum Häkeln von Schlüsselbändern ein. Kinder konnten sich im Anfertigen von Armbändern aus Garn ausprobieren. „Solche Momente sind sehr motivierend für alle“, schwärmt Ehlert. Auch Workshops zum Sockenstricken oder zum Nähen von Sweatshirts und T-Shirts sind für die Zukunft angedacht. „Der Treff soll organisch wachsen und sich an den Wünschen der Teilnehmenden orientieren“, stellt sein Gründer fest. Der Textil-Treff im ZMO und der Kreativtreff im Stadtteilladen zeigen: Handarbeit, soziales Engagement und Nachbarschaftspflege gehen Hand in Hand. Wer einmal vorbeikommt, merkt schnell, hier entstehen nicht nur Projekte, hier entsteht Gemeinschaft.

WTF
Stadtteilladen Lerchenberg, Regerstraße 31, 55127 Mainz
ZMO Mainz, Karl-Zörgiebel-Straße 2, 55128 Mainz-Bretzenheim

Foto: Gerlinde Dahm

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