Lade

Tippen zum Suchen

Kultur Wiesbaden

Die Kunst der Fotografie

Teilen

Seit 2002 initiieren Reinhard Berg und sein Partner Frank Deubel die Wiesbadener Fototage und sorgten auch in diesem Jahr mit außergewöhnlichen Motiven für Aufsehen. Nun wurden sie mit dem Kulturpreis der Stadt Wiesbaden ausgezeichnet.

Etwas überraschend kam es für Berg dann doch, nach all den Jahren von seiner Heimatstadt geehrt zu werden: „Es ist jetzt nicht so, dass wir unbedingt darauf gewartet haben, aber natürlich ist das schon eine gewisser Ritterschlag.“ In der heutigen Zeit, in der jeder Mensch per Handy in Sekun-denschnelle ein gestochen scharfes Bild schießen kann, sei es außerdem umso erfreulicher, dass Fotografie noch als echte Kunst wahrgenommen wird. Dafür sorgen Berg und Deubel seit knapp zwei Jahrzehnten mit ihren Wiesbadener Fototagen, dem ältesten Festival seiner Art in Deutschland. Verteilt auf verschiedenen Ausstellungsflächen in der Innenstadt präsentieren sie hochwertige Foto-grafien, die jeweils einem Länder- und einem Themenschwerpunkt gewidmet sind. In der Vergan-genheit passierte das alle zwei Jahre. Seitdem das Festival aber in der Foto-Triennale des Rhein-Main-Kulturfonds eingegliedert wurde, findet es von nun an im Drei-Jahres-Rhythmus statt. „Völlig in Ordnung und entspannt“ finden die Organisatoren das, die schon weitaus stressigere Zeiten erlebt haben.

Die Wertschätzung der Stadt erarbeiteten die beiden sich sozusagen über die Zeit. Mussten sie am Anfang noch praktisch ehrenamtlich arbeiten und penibel jeden Fehler vermeiden, der den finanzi-ellen Ruin bedeuten könnte, unterstützt das Kulturamt das Projekt heute mit stolzen 65.000 Euro. Und so ein Budget sorgt nicht nur für weniger Druck am Arbeitsplatz, es setzt natürlich auch gewis-se Potenziale frei. Für die vergangenen Fototage 2019 mit den Schwerpunkten Finnland und „blin-der Fotografie“ aus Berlin wurden 57 Fotografen eingeladen, von denen einige extra aus Helsinki eingeflogen wurden. Ein finanzieller Aufwand, der vor ein paar Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre. Doch Berg geht es um Klasse, nicht um Masse: „Uns ist es wichtig, hochwertige Fotografie zu präsentieren. In Zeiten von iPhones und Photoshop kann jeder hunderte Bilder am Tag machen, die scheinbar perfekt aussehen. Dabei besteht natürlich die Gefahr, dass Fotografien nur noch als Massenware betrachtet werden. Uns geht es um den künstlerischen Wert hinter der Arbeit.“

Nun also die besondere Ehrung durch den „Preis zur Förderung des kulturellen Lebens“, kurz: Kul-turpreis der Stadt Wiesbaden. Die Jury, bestehend aus dem Kulturdezernenten, den kulturpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Rathausfraktion und dem Kulturamtsleiter, stimmten einstimmig für die Fototage. Der sei zwar eine tolle Anerkennung für die harte Arbeit, aber kein Grund für übertriebene Lobhudeleien: „Natürlich ist es eine schöne Sache und wir sind absolut dankbar. Aber wenn ich ehrlich bin, sehe ich den Begriff ‚Kulturpreis‘ etwas skeptischer. Wenn ich an eine Auszeichnung für Kulturarbeit denke, denke ich als nächstes an vermeintliche Kulturbanausen, die keine Auszeichnung erhalten. Oder an die angeblich kulturlose Jugend, die einfach andere Dinge macht als die Generationen vor ihr. Unser Ziel für die Fototage war es schon immer, dass es allen gefällt. Auf keinen Fall möchten wir etwas elitäres machen, dass nur eine kleine Gruppe von Kennern anspricht.“ Vor allem mit künstlich geschaffenen Differenzen hat Berg so seine Probleme, sei es etwa zwischen Alt und Jung oder der „komplett bescheuerten ‚Mainz-gegen-Wiesbaden-Mentalität’“.

Überreicht wurde der mit 5.000 Euro dotierte Preis am 5.Dezember im Rathaus. Bis zu den nächsten Fototagen in Wiesbaden wird es allerdings noch bis 2022 dauern. Wie viele Festivals die bis dahin 70-jährigen Berg und Deubel danach noch organisieren werden, steht in die Sternen, aber aussterben soll und darf das Projekt auf keinen Fall. Weshalb sich die beiden jetzt schon nach Unterstützern und potentiellen Nachfolgern umsehen – egal welchen Alters oder von welcher Rhein-seite. Und wer keine drei Jahre auf die nächste Ausstellung warten möchte, kann im Rahmen der Foto-Triennale ab 24.April die „Darmstädter Tage der Fotografie“ besuchen. Mit Empfehlung der Wiesbadener Preisträger.

 

Tags
Vorheriger Artikel