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Ein Bett im Laubhaufen

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Was kreucht und fleucht im STUZ-Gebiet? Wilde Tiere vor der Haustür, Teil 14: Der Igel

von Konstantin Mahlow

Der Herbst zieht ein in Mainz und die Pflanzen und Tiere fangen an, sich auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten. Tiere, die sich nicht wie die momentan häufig zu sehenden und zu hörenden Graugänse Richtung Süden aus dem Staub machen, wählen einen entspannten Weg: den Winterschlaf. Die Gartenschläfer halten ab Oktober eine ausgedehnte Winterruhe von sieben Monaten und verschlafen das ungemütliche Wetter. Auch der Igel macht sich jetzt – ein paar Etagen tiefer auf dem Boden – auf die Suche nach einem geeigneten Winterquartier. Und da beginnen die Probleme.

Art und Speiseplan
Der Igel gehört zusammen mit den nicht minder putzigen Eichhörnchen zu den beliebtesten einheimischen Tierarten. Wer solidarisiert sich nicht gerne mit dem stacheligen Einzelgänger, der sich bei Gefahr einfach einrollt und solange tapfer ausharrt, bis die Welt da draußen wieder sicher ist? Dabei ist Igel nicht gleich Igel: In Deutschland und Westeuropa lebt der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus), der in der Regel gemeint ist, wenn von dem Igel als Art gesprochen wird. In Osteuropa wird er von dem Nördlichen Weißbrustigel (Erinaceus roumanicus) abgelöst. Unser heimischer Braunbrustigel hat sich im STUZ-Gebiet längst als Kulturfolger etabliert. Er ist für gewöhnlich nachtaktiv und ernährt sich als waschechter Fleischfresser von Insekten, Würmern und Tausendfüßlern, bei Gelegenheit auch von nestjungen Säugetieren, Vogeleiern und Aas.

Obdachlose Igel
Doch dem Igel geht es hierzulande schlecht. Eigentlich könnte man meinen, dass weniger tote Tiere auf der Landstraße ein gutes Zeichen sind. Tatsächlich gibt es aber weniger Igel, die überfahren werden könnten. Das hat vor allem zwei Gründe: Zum einen leiden sie seit einigen Jahren unter einem verstärkten Lebensraumverlust. Lebensraum bedeutet in dem Fall ein von Menschen geschaffener und kontrollierter Garten, Park oder Friedhof. Diese sehen immer aufgeräumter auf, weil Laub und Totholz konsequent entfernt und Wiesen kurzgehalten werden. Gerade die Laubhaufen und das alte Holz braucht der Igel aber als Rückzugort und Überwinterungsplatz. Dabei ist es sowieso absurd, wenn Hausbesitzer säckeweise das alte Laub aus dem Garten tragen, nur um dann im Frühling die verlorenen Nährstoffe mit gekauftem Humus und fertiger Erde zu ersetzen. Dazu kommen die Laubbläser und Mährobotor, die schon zig Igel das Leben gekostet haben. In einem naturnahen Garten haben solche Geräte nichts verloren.

Hunger und Durst
Zum anderen setzt ihnen der Klimawandel zu. Das wurde in Mainz im April 2020 deutlich, als das Tierheim einen beinahe verzweifelten Hilferuf auf Facebook teilte. Damals waren etliche Igel dank ungewöhnlich hoher Temperaturen zu früh aus ihrem Winterschlaf erwacht und fanden nichts zu fressen. Schwache Tiere mussten eingesammelt und im Tierheim durchgefüttert werden. Hinzukam und kommt die anhaltende Dürre in Mitteleuropa. Auf den trockenen Böden finden Igel nicht nur immer weniger Insekten, sondern zuweilen auch nichts mehr zu trinken. Ein Problem, für das so schnell keine Besserung in Sicht ist.

Große Hilfsbereitschaft
Doch der Igel hat Helfer wie kaum eine andere heimische Tierart. Im STUZ-Gebiet können gefundene Igel über die Tierheime der Stadt an Igelstationen vermittelt werden. Hierzulande ist es übrigens erlaubt, einen hilfsbedürftigen Igel daheim aufzupäppeln, bis er wieder selbstständig in freier Wildbahn zurechtkommt. Wem diese Aufgabe in den Schoß fällt, sollte sich an folgende Grundregeln halten: Unterkühlte Igel möglichst schnell wieder aufwärmen, indem man sie in einem Karton auf eine mit Frotteetüchern umwickelte Wärmeflasche setzt und sie mit einem Handtuch zudeckt. Der wieder warme Igel sollte dann mit Katzenfutter oder gegartem, ungewürzten Rindfleisch oder Rührei gefüttert werden und dazu frisches Wasser bekommen. Nimmt der Igel die Nahrung nicht auf, hilft es, dem Tier lauwarmen Kamillentee vorsichtig mit einer Spritze ohne Nadel einzuflößen. In jedem Fall hilft und berät der Verein Pro-Igel e.V. über die Hotline 01805-555-9551.
Dem Igel kann übrigens auch ohne Krankheit geholfen werden. Gartenbesitzer sollten sich angewöhnen, Laub und Totholz in einer Ecke oder auf dem Komposthaufen zu sammeln und so für einen Rückzugsort zu sorgen. Im Sommer hilft eine Trinkschale auf dem Boden. Im Winter müssen Kellerfenster und Schächte abgedeckt werden, damit die Tiere auf der Suche nach einem Versteck nicht hineinfallen. Und im Frühling sollte nicht zu früh mit den Aufräumarbeiten begonnen werden, damit der Igel ausgeschlafen und zum richtigen Zeitpunkt in das neue Jahr startet.

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