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Illegaler Saatentausch im Green Net

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Plant Parenting liegt im Trend und das Austauschen von Pflanzen und ihren Ablegern boomt. Vor allem auf Onlineplattformen wie Facebook haben sich Gruppen gegründet, die in der neunten Folge unserer Öko-Serie näher beleuchtet werden.

von Rodney Fuchs

Junge Menschen mögen es grün. Weit über 50 Pflanzen tummeln sich in der Wohnung von Luca und wöchentlich werden es mehr. Doch anstatt Pflanzen im Fachhandel zu kaufen, setzt Luca auf einen Weg, den sich auch Studierende leisten können: den Pflanzentausch. Besonders stolz ist der Student auf seine prächtige Grünlilie, die in den vergangenen Wochen stark gewachsen ist und viele Ableger entwickelt hat. Diese Ableger sind es, die Lucas Wohnung so grün gemacht haben. Dabei reicht die Vielfalt über mehr als nur Grünlilien. Um 15 Uhr ist Luca am Hauptbahnhof mit Andrea verabredet. Andrea hat noch keine Grünlilien, dafür aber eine prächtige Monstera, die ebenfalls Ableger entwickelt hat. Die beiden haben sich kurz verabredet, um je einen Ableger zu tauschen und ihre Pflanzenvielfalt zu erweitern. Verabredet haben sie sich über die Facebookgruppe: „Pflanzentausch Mainz und Umgebung“.

Plattform zum Verabreden
In dieser Gruppe befinden sich über 4.600 Facebook-Nutzer*innen, die an Pflanzen interessiert sind und aus der Mainzer Umgebung stammen. Ähnlich dem „Free Your Stuff“-Prinzip bieten Leute Pflanzen zum Tausch oder zum Verschenken an, während andere aktiv nach bestimmten Pflanzen oder deren Ablegern suchen. Ein Verkauf von Pflanzen oder anderen Waren ist nicht erlaubt. Auch eine Gefälligkeit, die nichts mit Pflanzen zu tun hat oder eine monetäre Aufwandsentschädigung ist nicht gestattet und solche Beiträge werden schnell gelöscht. Einzig Pflanzen und Zubehör wie Samen oder Rankhilfen sind ebenfalls erlaubt.
Auf den ersten Blick scheint alles mit rechten Dingen zugehen, sofern man keine illegalen Gewächse, wie feminisierte Cannabispflanzen, großzieht und tauscht. Doch gibt es einen Aspekt, der dem Pflanzentausch theoretisch einen Strich durch die Rechnung macht: der Sortenschutz.

Grauzone Sortenschutz
Wenn ein Saatgutunternehmen Saat verkauft, haben diese Saatgüter oft einen Sortenschutz, der den weiteren Anbau untersagt. Das heißt, dass die Verbreitung von Ablegern, Samen oder Früchten verboten und einzig für den privaten Zweck gestattet ist. §3 des Saatgutverkehrsgesetzes regelt den Vertrieb und besagt, dass einzig die Inhaber*innen des jeweiligen Sortenschutzes das alleinige Recht haben, das Saatgut einer bestimmten Sorte zu vertreiben. Neben dem privaten Zweck ist es lediglich Landwirten gestattet, diese Sorten nachzubauen.
Für Ableger gibt es aus rechtlicher Perspektive keinen Unterschied zum Saatgut. Saatgut umfasst sowohl Samen und Pflanzgut als auch Ruten sowie Rutenteile. Oft sind die jeweiligen Sortenunterschiede minimal und nur für Sortenschützer erkennbar. Am Ende des Tages ist der Tausch von Saatgut im Privaten erlaubt. Dabei muss jedoch auf die Bezeichnung des Saatgutes verzichtet werden und auch der Zweck des Saatgutes muss gemieden werden. Der Weiterverkauf der Samen oder deren Erzeugnisse, wie Gemüse, ist gänzlich verboten.

Tipps zum Growen
Neben dem Tausch gibt es in der Facebookgruppe auch Tipps, was einer Pflanze fehlen könnte, wenn sie Verfärbungen trägt oder zu welken beginnt. Hinter all dem steht ein nachhaltiger Aspekt, denn viele Pflanzen werden in großen Gewächshäusern kultiviert und in großen Massen im Einzelhandel verkauft. Dafür werden etliche Emissionen verbraucht, um der Nachfrage gerecht zu werden und Sommerpflanzen auch im Winter kaufbar zu machen.
Auch die Patentierungen gewisser Saatgüter regulieren den Markt und stehen dem Nachhaltigkeitsgedanken entgegen. Das halblegale Pflanzentauschen basiert stattdessen auf einem Homefarming-Prinzip und gibt den Pflanzen die Chance, sich auf natürlichem Wege zu vermehren. Einige ziehen sogar ihre eigenen Pflanzen aus Avocado- oder Mangokernen groß. So wird aus der Avocado, für die man ein schlechtes Gewissen haben konnte, ein kleines Pflänzchen, das die Wohnung in exotischem Grün bereichert. Doch Obacht: Sollte aus diesem Avocadopflänzchen ein früchtetragender Baum werden, bewegt man sich in kriminellen Gefilden. Bis dahin haben wir aber noch Zeit, den dafür nötigen Klimawandel auszubremsen, und tauschen weiter Pflanzen, um der Gewächshauskultivierung und den verbrauchten Emissionen entgegenzuwirken und unser Leben sowie unsere Wohnungen noch grüner zu machen.

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