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Auen-Adel

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Was kreucht und fleucht im STUZ-Gebiet? Wilde Tiere vor der Haustür, Teil 32: Der Pirol.

von Konstantin Mahlow

Wer im späten Frühjahr durch die Auen am Mombacher Rheinufer spaziert, wird zuweilen Zeuge eines lautstarken Naturschauspiels: Hunderte Singvögel versuchen sich gegenseitig mit ihren schönsten Liedern zu übertreffen und machen aus dem geschützten und trotzdem von der Mainzer Stadtbevölkerung immer wieder mal überrannten Gelände eine Bühne für das Orchester der Natur. Zwischen den zahllosen Amseln, Meisen, Staren und Nachtigallen sticht ein Klang ab spätestens Maibeginn heraus: Ein prägnantes „dü-delüülio“ oder das ebenso unverwechselbare „büloobüloo“ hallen deutlich, wenn auch vergleichsweise leise aus den alten Eichen entlang der Gartenanlagen. Sie stammen aus der Kehle der goldgelb-schwarz gefärbten Pirol-Männchen, die gerade aus ihren Winterquartieren im südlichen Afrika zurück in ihre Brutgebiete im Inselrhein gekehrt sind. Weil Aussehen und Stimme der Vögel beinahe tropisch anmuten, verleihen sie den Auenwäldern im Frühling einen Hauch von Urwald-Atmosphäre.

Schwindende Rückzugsorte
Dieser Eindruck kommt nicht von ungefähr: Der Pirol (Oriolus oriolus) gehört schließlich einer Familie an, deren weitere Mitglieder ausschließlich in den Tropen der Alten Welt vorkommen. Doch auch hier lässt es sich gut aushalten, wenn man wie ein gut betuchter Rentner im Winter einfach in wärmere Gefilde verschwinden kann. Leider werden nach wie vor viele Pirole auf dem Zug von Menschen gefangen und getötet, dazu kommt der Lebensraumverlust auf allen Kontinenten. Noch ist er nicht gefährdet, doch deutschlandweit ist ihr Ruf immer seltener zu hören. Umso wichtiger sind biologische Hotspots und sichere Rückzugsgebiete wie die Restauen im STUZ-Gebiet. Hier finden sie ihre Lieblingsspeisen, insbesondere die Raupen diverser Insektenarten. Und hier können sie weitestgehend ungestört in den Eichen, Pappeln und Kastanien ihre Nester bauen. Trotz ihres auffälligen Gefieders sind sie dort oben in den dichten Kronen kaum zu entdecken.

„Bülow-bülow“
Den Menschen fasziniert und inspiriert der Pirol seit jeher – besonders, wenn der Familienname zufällig an den Klang der Vögel erinnert. Das Adelsgeschlecht der Freiherren und Grafen „von Bülow“ hat schon vor Jahrhunderten die Ähnlichkeit zwischen dem Laut ihres Namens und dem Ruf des Pirols erkannt und trägt ihn seither in ihrem Wappen. Im Mittelalter wurden Pirole daher auch „Vogel Bülow“ genannt. Der Familienstamm, der bis ins Jahr 1229 zurückzuführen ist, hat dutzende bekannte Persönlichkeiten hervorgebracht – darunter den legendären Komiker Vicco von Bülow, bekannt als Loriot. Und Loriot bedeutet nichts anderes als Pirol in französischer Sprache – der Wappenvogel der Familie als lebenslange Identifikation. Später bediente sich die Fliegergruppe der Bundespolizei der Symbolik.

Konzertbesucher mit App
Obwohl oder gerade weil sie so schwer zu entdecken sind, ist die Suche nach den „Auen-Papageien“ in den Baumwipfeln ein kurzweiliger Spaß. Das leuchtend gelbe Gefieder ist im grünen Blütenmeer plötzlich gar nicht mehr so leuchtend wie auf den Bildern, die Google ausspuckt. Das gilt insbesondere für die eher unscheinbaren, grünlicher wirkenden Weibchen. Zu empfehlen ist es, sich mit dem typischen Gesang der Männchen vertraut zu machen, am einfachsten mit einer entsprechenden App. Um dann wie ein Konzertbesucher durch die Auenwälder in Mombach, Budenheim oder auf der Rettbergsaue zu streifen und die Ohren nach dem so stilgebenden Ruf des Pirols aufzuhalten.

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