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Mainz

Das Ende des Nomadentums

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Spielraum bezeichnet sich als ein breit getragenes, offenes und politisch unabhängiges Bündnis aus Macher:innen der Kultur- und Subkulturszene. Die Initiative setzt sich vor allem für den Erhalt des Allianzhauses als Kulturort ein. „Darf ich Ihnen einen Antrag machen?“ heißt die neue Veranstaltungsreihe zur Förderung von Kulturprojekten, die in Zusammenarbeit mit ATELIERneun e.V. und kunSTück e.V. einmal im Monat stattfindet. STUZ hat mit Björn Hekmati über den Wert von Kultur und optimistischen Zukunftsvisionen gesprochen.

Interview von Konstantin Mahlow

STUZ: Im März startete in den Räumlichkeiten von kunSTück e.V. eure monatliche Workshop-Reihe zur Kulturförderung. Welche Idee steckt dahinter?
Hekmati:
Die Workshops sind eine neue Initiative, die wir als Erweiterung unserer Arbeit für das Allianzhaus organisieren. Eröffnet haben wir sie mit Stefan Bock, dem Gründer des Kulturbüros Rheinland- Pfalz. Ziel ist es, Möglichkeiten der Förderung aufzuzeigen und die Künstler:innen organisatorisch zu unterstützen. Was ist möglich? Was sucht ihr? Welche Räume, Fördertöpfe und Stiftungen gibt es? Wir möchten all diese Punkte zusammenführen und helfen – insbesondere, wenn es darum geht, bürokratische Hindernisse zu überwinden. Das ist ja vielleicht nicht unbedingt im Fokus freischaffender Künstler:innen und Kulturschaffender, die sich allzu oft in der Rolle von Bittstellern wiederfinden.

Das klingt beinahe wie ein Dienstleistungsangebot für Kreative.
Wir sehen das so: Wir übernehmen diese Aufgabe, weil das sonst nicht ausreichend angeboten wird. Es geht gewissermaßen um die Pflege unseres „kulturellen Kapitals“, wobei der Begriff natürlich etwas schwierig ist. Den Wert von Kultur für eine Stadt kann man nicht in Zahlen übertragen oder ausrechnen. Es ist ein weicher Faktor, der aber trotzdem existiert und eine große Bedeutung hat. Wir können uns in Mainz nicht nur auf unser Gewerbe und schöne Wohnungen verlassen, sondern brauchen auch ein vielfältiges Kulturangebot für die Lebensqualität und als Standortfaktor. Unsere Arbeit ist nicht vorrangig auf die Aufwertung der Stadt ausgelegt, sondern zugunsten der Kultur an sich. Aber Menschen möchten da wohnen, wo sie auch etwas unternehmen können. Das wird meiner Meinung nach nicht ausreichend berücksichtigt und spiegelt sich auch in den sinkenden Studierendenzahlen wider.

Was kann dagegen unternommen werden?
Wir wollen diesen Trend umkehren und die Dynamik unserer Stadt erhalten. Wie es auf unserer Webseite steht: „Ist das unser Job? Nein. Machen wir es trotzdem? Ja!“ Natürlich gibt es ein Fördermittelmanagement bei der Stadt, aber da geht es in erster Linie darum, Geld zu beschaffen, und weniger darum, es sinnvoll zu verteilen. Dafür bringen wir die Kompetenzen und die richtigen Ansprechpartner:innen mit, so wie unlängst mit Stefan Bock und bald noch vielen anderen. Und wir möchten alle zu uns einladen, die in der freien Kulturszene aktiv sind oder sein möchten. Zu unserer Freude gab es bereits eine überraschend starke Nachfrage. Der erste Termin war nach nicht mal 24 Stunden ausgebucht. Man kann also sagen, dass wir den Nagel auf den Kopf getroffen haben.

Die Initiative Spielraum wurde 2022 gegründet, um sich für den Erhalt des Allianzhauses als Kulturstandort einzusetzen. Ist das immer noch eure Intention?
Das ist ganz klar nach wie vor unsere feste Intention. Die Kuh ist noch nicht vom Eis – im Gegenteil: Das Allianzhaus ist eine urbane Oase, eine einzigartige Konstellation aus verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten und das alles in zentraler Lage mitten in der Stadt. Wo kann man abends unter der Woche sonst hingehen und das Licht brennt noch? Für Mainz hat das Allianzhaus in vielerlei Hinsicht einen enormen Wert. Wir wollen sowohl den Ort an sich als auch die Veranstaltungsmöglichkeiten, die es hier gibt, langfristig erhalten. Das steht in keinem Widerspruch zu den Workshops. Dabei handelt es sich eher um eine Expansion unserer Arbeit oder um einen weiteren Baustein. Die Intentionen dahinter sind die gleichen, nämlich kulturelles Leben in Mainz zu fördern und zu erhalten.

Welche Visionen habt ihr für die Zukunft der Stadt?
Zum einen natürlich, das Allianzhaus zu erhalten, was ich nach wie vor für sehr realistisch halte. Zum anderen wollen wir das Kulturangebot in Mainz vergrößern und Kulturschaffenden helfen. Vor allem wünschen wir uns mehr geförderte Kulturräume, die nicht nur temporär existieren. Nomadentum in Zwischennutzungen kann nicht die dauerhafte Lösung sein. Das LuLu, Postlager, der OllOhof, ständig müssen Kulturorte in Mainz weichen oder stehen zur Disposition. Dahinter scheint kein Plan zu stecken. Wir brauchen aber feste Institutionen, die auf Jahrzehnte einen sicheren Platz haben. Kultur sollte über alle Sparten und Größen hinweg die Anerkennung bekommen, die sie verdient. Und ich bin sehr optimistisch, dass das funkioniert. Wir haben eine schlagkräftige Gruppe und wollen unseren Teil dazu beitragen.


WTF
Workshop und Veranstaltungen:
26. Mai, „Urbane Oase -Fest“ am Allianzhaus
IG:@allianzhaus, allianzhaus-mainz.de

Foto: Alina Pouringrain

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