Lade

Tippen zum Suchen

Kultur

The boss is dead, long live the Inc.

Teilen

Die Musical Inc. ist mehr als eine Hochschulgruppe. Das Inc. steht, ganz selbstbewusst, für „Incomparable“: Unvergleichlich. Von ein paar musicalbegeisterten Studenten ins Leben gerufen, hat sich der Verein mit seinen aufwändig detaillierten und professionellen Inszenierungen längst weit über den Mainzer Campus hinaus einen Namen gemacht.

von Lea Krumme

Im letzten Jahr wurde mit Natürlich Blond stolz das 25-jährige Jubiläum zelebriert. Auch in der diesjährigen Produktion heißt es „Frauen an die Macht“: Mit dem Dolly Parton-Musical
9 to 5 präsentiert sich die Musical Inc. nicht nur gewohnt unterhaltsam, sondern darüber hinaus auch politisch relevanter denn je. Dass Sexismus und Frauenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft, insbesondere am Arbeitsplatz, über die Jahrhunderte hinweg an der Tagesordnung gestanden haben und auch heute bei weitem noch nicht überwunden sind, ist spätestens seit #MeToo ein Thema, an dem kein Weg vorbeiführt. In diese Diskussion klinkt sich die Inc. ein. Drei frustrierte Sekretärinnen eines Bürokomplexes in den 70er-Jahren haben die Schnauze voll, rauchen nach Feierabend einen Joint und beginnen im Rausch darüber zu fantasieren ihren egomanischen, sexistischen Tyrannenchef abzumurksen. In der Besetzung „9am“ wird dieser von Holger gespielt. Holger ist Familienvater und der Inc. schon seit vielen Jahren treu. Bei der Premiere am 17. Mai feiert er sein 75. Showjubiläum. Auch wenn die Produktionen jedes Jahr viel Zeit, Arbeit und Nerven kosten, investiert er diese jedes Jahr wieder gern, sagt er.

Inside Inc.

Neben Arbeit und Studium ist dieses Hobby ein echter Vollzeit-Job, fordert absolutes Commitment und setzt entsprechende Leidenschaft voraus. Besonders die intensive „Endprobenphase“ der letzten Wochen vor der Premiere fordert ihren Tribut – aber in diesem Zeitraum passiert auch die Magie: wenn sich noch wuselige, provisorische Strukturen in ein ausgereiftes Spektakel verwandeln. Neben den 36 Darstellern, 24 Orchestermusikern und dem Produktionsteam engagieren sich zahlreiche helfende Hände in Ressorts auf und hinter der Bühne: organisieren Ausstattung und Requisiten, nähen Kostüme, bauen Kulissenkonstruktionen, verkaufen Getränke, rühren die Werbetrommel – damit am Ende fast 5.000 Zuschauer im P1 im Philosophicum auf dem Campus bei 14 mitreißenden Shows ins Staunen versetzt werden. Mit diesem Ziel vor Augen stehen also die im Herbst gecasteten Profi-Amateure voller Elan bei jeder Probe auf der Matte, spüren zum Anfang mit geschlossenen Augen den Boden ihres P1-Wohnzimmers unter den Füßen und schmettern inbrünstig lustige Einsingphrasen wie „schöner wohnen auf dem Lande“ und „Popo, Popo, Popo-Polizei.“ Das macht nicht nur Spaß, sondern zahlt sich letzten Endes auch aus.

„Einmal Incie, immer Incie“

Wer so viel intensive Zeit miteinander verbringt, wächst zu einer richtigen Familie zusammen. Für viele Mitwirkende heißt es daher auch: „Einmal Incie, immer Incie.“ Das schweißt den Verein über das jeweilige Projekt hinaus als Gemeinschaft zusammen. Manche missgünstige Hochschulgruppe, die von einer derartigen Zahl ausverkaufter Aufführungen und Lobgesänge treuer Fans und Kritiker nur träumen kann, behauptet deshalb schon mal scherzhaft, die Inc. sei eine Sekte. Das ist so natürlich Quatsch. Aber wer, wie Holger, erst mal Blut geleckt hat, kehrt gerne zurück und bleibt dabei. Und der Ruf, der der Gruppe vorauseilt, lockt immer wieder auch neue Leute, selbst von außerhalb, nach Mainz. So wächst die Inc.-Familie beständig weiter. Ein Neuzuwachs ist etwa Fabian Kling, der für 9 to 5 direkt die Regie übernimmt – „Das ist schon ein Vertrauensbeweis.“ Schließlich waren das bisher immer „Alt-Incies“, die schon an mindestens einer Produktion beteiligt waren. So bringt der Filmwissenschafts-Student frischen Wind und eine ganz neue Perspektive in die Musicalinszenierung – schließlich basiert das Broadwaystück selbst auf einer Filmvorlage, die mittlerweile wohl Kultpotenzial hat.
Wer sich die „Inc.erpretation“ des Klassikers voll Tanz, Musik und Emanzipation auf der P1-Bühne nicht entgehen lassen will, sollte schnell zuschlagen, denn die Plätze sind erfahrungsgemäß heiß begehrt. Karten gibt es am Vorverkaufsstand im Philosophicum der Uni Mainz, bei der Ticketbox in der Mainzer Innenstadt (Kleine Langgasse 4) und auf www.musicalinc.de.

Tags
Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Dies könnte auch interessant sein