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Kultur

DJ allein daheim

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Stuz hat nachgefragt bei Mainzer DJs in der Corona-Zeit. Arbeitslos und wenig Kohle, dafür aber keine Perspektive.

Andreas Höfler, 37, ergeht es wie vielen in seiner Branche: Weil nichts wirklich stattfinden, fehlen dem selbstständigen DJ, bekannt als Andreas Mrogenda, für dieses Jahr die meisten Umsätze. Zur Überbrückung jobbt er seit einiger Zeit als Kurier an der Uni-Klinik, nach einem anfänglichen Auf und Ab der Gefühle. „Da war die Schockstarre und die Gewissheit keine Arbeit zu haben. Dann packt dich die Energie Dinge zu tun, die lange auf der Strecke geblieben sind. Aber je mehr Zeit verging, desto ernster wurde die Situation.“ Daniel Jung aka Psycho Jones nimmt die Zeit mit Humor: „Dieses Jahr wäre eigentlich ein Rekordjahr für mich geworden. Ist es auch, aber im Minusbereich.“ Mit kleineren Events schlägt er sich nun wieder durch. Die ersten Monate überstand er dank einer Gofundme-Kampagne und sogar staatlicher Hilfen in geringem Maße.
Realitätsfremde Soforthilfe
Von ähnlichen Erfahrungen berichtet auch Ersin Akgül, Mitbegründer der bekannten Musik-Agentur Verboten: „Die staatlichen Maßnahmen sind für viele Selbständige ein Witz. Sie decken nur Betriebskosten wie Büromiete, Umsatzverluste aber werden nicht kompensiert.“ Höfler ergänzt: „Die Soforthilfe geht komplett an der Lebensrealität vorbei. Wie mit den vielen Soloselbstständigen, nicht nur in unserer Branche, umgegangen wird ist ein Armutszeugnis.“ Von der Politik fühlen sich die Künstler im Stich gelassen. „Bund und Länder schieben sich den Schwarzen Peter zu, am Ende kommt keine Hilfe bei uns an“, sagt Höfler. Nun gilt unisono in der Branche: Ran ans Ersparte, Oma fragen oder Kredite aufnehmen, um irgendwie zu überleben.
Auf der Suche nach Wertschätzung
Von der Stadt Mainz erwartet Akgül nichts mehr. „Mir kommt es vor, dass alles was Kultur betrifft und mit jungen Menschen zu tun hat ignoriert und kaputtgemacht wird. Die Stadt wirkt absolut konzeptlos, das Nachtleben scheint denen als Dorn im Auge zu sein.“
Fehlende Wertschätzung kreidet auch Andreas Höfler an. „Manchmal frage ich mich, warum stecke ich seit Jahren meinen ganzen Elan in die Selbstständigkeit um am Ende derart wenig wertgeschätzt zu werden?“ Psycho Jones will die Wertschätzung für Kunst und Kultur wieder ins Bewusstsein holen. „Da die Locations kaum Budget haben, ist es wichtig, die Gäste abzuholen, damit sie mit kleinen Spenden Künstler unterstützen.“ Von der Stadt erwartet er mehr Weitsicht: „Bestrebungen, die Leute vom Rhein auf den Schillerplatz zu treiben sind einfach daneben. Eine umfangreiche, alternative Nutzung von Räumen und Plätzen muss unterstützt und organisiert werden.“
Kein Plus für Mainz
Zum Umgang der Stadt Mainz mit Kulturschaffenden und Nachtleben, gesellt sich auch noch Arroganz. In einer Talkrunde bei Antenne Mainz monierte Mainz-Plus-Chef August Moderer das Jammern der Selbstständigen und riet, sich einfach neue Jobs zu suchen. Die Aussage kommt für Akgül nicht überraschend: „Ein Mensch der keinerlei Sorgen hat erzählt uns so etwas, das ist bezeichnend für städtisches Versagen. Viele von uns verzichten als Selbstständige auf Zeit, Freunde, Urlaub und Sicherheit. Das wird von der Stadt und Herrn Moderer mit Füßen getreten.“ Für die Zukunft erwarten all die unabhängigen Kulturschaffenden die ohne Lobby durch alle Netze rutschen vor allem Wertschätzung für ihre Arbeit und finanzielle Hilfe.

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