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Gastro Kultur

Irgendwie durchhalten

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Wieland Wittmeier ist seit 20 Jahren Chef der Mainzer Rock-Disco Caveau. Zuvor war der studierte Biologe auch Türsteher, Taxifahrer und auch Geschäftsführer des Kulturcafés. Nach den herablassenden Äußerungen von Mainz-Plus-Geschäftsführer August Moderer fanden sich die Mainzer Clubbetreiber zu einer Interessengemeinschaft zusammen um ihre Interessen und Ideen auch nach außen zu tragen. Wieland ist sozusagen der inoffizielle Sprecher und gab uns einige Antworten auf unsere Fragen.

Interview Jonas Julino, Michael Süss

STUZ: Wieland, wann denkst Du geht es wieder weiter mit dem Clubleben?
Wieland: Vor zwei Monaten hätte ich noch irgendwie geraten. Ich bin aber sicher, dass es dieses Jahr nichts mehr werden wird. Ob wir überhaupt wieder aufmachen ist dann eher die Frage. Hier gebe ich momentan einen 50 zu 50 Tipp an.

Wie schaffst Du es dann finanziell bis dahin?
Trotz Pachtstundung verursacht das Caveau noch etliche andere Kosten und natürlich die ganz persönlichen privaten Kosten. Durchalten – irgendwie – kann ich noch ein paar Monate, aber dann müssen wir Clubs auch schauen, ob wir überhaupt noch gebraucht werden. Das Alltagsverhalten hat sich ja umgestellt. Ende September planen wir eine Benefizveranstaltung zusammen mit dem ATG, der Dorett-Bar, dem schonschön und dem Gutleut.

Aufgrund der Corona-Maßnahmen haben sich die Mainzer Clubs inzwischen zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Was könnt ihr gemeinsam erreichen?
Wir konnten erreichen, dass Mainz Plus uns hilft. Wir bekommen die Zitadelle kostenfrei zur Verfügung gestellt und können vermutlich auch die fliegenden Bauten auf dem Jockel-Fuchs-Platz bespielen. Die wurden ursprünglich als Ersatz für die Zeit der Sanierung der Halle hingestellt und stehen wohl leer. Unser dauerhaftes Ziel ist es aber die Vergnügungssteuer von zwanzig Prozent abzuschaffen. Mit einem jährlichen Aufkommen von 140.000 Euro an Einnahmen ist die Erhebung geradezu lächerlich. Lustigerweise ist die Vergnügungssteuer für dieses Jahr bereits ausgesetzt, da aber keine Veranstaltungen stattfinden klingt das auch irgendwie wie ein Witz von OB Ebling. Aber: Im kommenden Jahr sind Landtagswahlen, das erhöht definitiv unsere Chancen sich da durchzusetzen. Was wir Clubs bundesweit uns wünschen ist die Anerkennung als Kulturstätte. Damit würde der verminderte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent (gegenwärtig sogar nur fünf Prozent, red.) gelten. Das alles sind Maßnahmen, die uns zukünftig helfen, aber wäre eine Umsetzung bereits jetzt klar hätte das durchaus einen positiven Effekt auf Kredite die wir nehmen müssen um zu überleben.

Du hast ein eigenes Hygiene-Konzept erstellt, dass auch von den anderen Klubs unterstützt wird. Wie hat die Stadt Mainz darauf reagiert?
Noch gar nicht, aber die hat es auch offiziell noch nicht erhalten. Ich denke, dass eigentlich auch das Land hier erste Ansprechstation ist, deswegen versuche ich auch nun nach der Sommerpause über Abgeordnete zu agieren. In unseren Gesprächen, also unter den Clubs, hab ich auch die Corona-App propagiert. Damit biste am einfachsten unterwegs, aber die Aluhutträger machen mobil. Bei uns hat sich bereits ein Ufologe aus Essen kritisch zu Wort gemeldet. Ansonsten könnten beispielsweise eine limitierte Besucherzahl, Lautstärkeeinschränkungen und Rauchverbote eine geordnete Cluböffnung möglich machen. Zudem propagiere ich ja das Unterbinden von Club-Hopping, also: Ein Abend, ein Club. Damit wäre ein machbarer Weg aufgezeigt.

Der Geschäfstführer von Mainz Plus, August Moderer, hat dir und Sweaty (bürgerl. Michael Vogt red.), dem Inhaber vom ATG und Goodtime geraten, euch einen Job zu suchen. Sehen wir Dich also vielleicht doch eher am Lenkrad eines MVG-Busses?
Jo, LKW Führerschein hab ich, Busschein müsst ich noch machen. Aber die Jobs sind soweit ich weiß momentan eh total überlaufen. Herr Moderer musste sich ja bei uns entschuldigen und letztlich sind darüber ja konstruktive Gespräche entstanden.

Du bist in einem Facebookpost arg mit dem KUZ als städtisch finanzierte Konkurrenz-Einrichtung ins Gericht gegangen. Kann es hier noch ein friedliches Miteinander geben?
Ich war ja mit Sweaty bei August Moderer und er hat uns versichert, dass KUZ sowohl Vergnügungssteuer zahlen muss als auch nach bestimmten Maßgaben privatwirtschaftlich geführt wird. Allerdings kann ein KUZ niemals pleitegehen, da es immer die Stadt im Rücken haben wird. Aber, dass das KUZ in private Konkurrenz mit Klubs geht, was beispielsweise bei Partys so ist, das halte ich nicht für angebracht. Da wird in Zukunft die Diskussion sicher weitergehen. Auch wenn eine Stadt wie Mainz sich entscheidet, nur ihre eigen initiierte Kultur zu retten oder das Land weiterhin mit vielen Millionen Theater subventioniert, erkennt man, dass da eine Schieflage ist und dass alles neu überdacht werden muss. Ich frage mich einfach auch mal, wo die ganzen Gelder vom Kultursommer hin sind.

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