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Wiesbaden

Es kommt der Tag der großen Säge

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Makerspace-Einrichtungen sind gewissermaßen die Crème de la Crème der DIY-Bewegung. Wenn schon selber machen, dann gleich mit den richtigen Geräten und fachlich gut! Wir haben den Makerspace in Wiesbaden-Erbenheim besucht.

von Michael Süss

Ein Aufruf im Wiesbadener Kurier hatte Dieter Haude vor rund sechs Jahren elektrifiziert. Im „Heimathafen“ wurde das Konzept Makerspace vorgestellt. Die Idee dahinter: Viele teilen sich eine gut ausgestattete Werkstatt, die Anschaffung professioneller Geräte wird erschwinglich, Platz ist vorhanden und Knowhow kann untereinander ausgetauscht werden. Nach einigen Wochen hatte sich ein Kern von sechs Gründungsmitgliedern zusammengefunden. Man weiß es ja: Wenn sich sieben Deutsche treffen, gründen sie einen Verein. Das siebte Gründungsmitglied wurde rasch gefunden und nach einigen Aufs und Abs in den ersten Jahren ist der Makerspace Wiesbaden e.V. bereits auf über 130 Mitglieder angewachsen. Das gilt auch für die Räumlichkeit. Während man zunächst beengt in Dotzheim in einer Schreinerei agierte, konnte man Ende 2017 nach langer Suche in die Räume einer Eismanufaktur in Erbenheim ziehen. Inzwischen stehen dem Verein hier über 500 Quadratmeter zur Verfügung. Besonders knifflig ist das Management der Vereinsmitglieder, da ja alle irgendwie berechtigt sind, aber nicht jeder Mensch gleich ohne Vorkenntnis an die großen Maschinen darf. Über ein RFID-Key-Verfahren können verschiedenen Mitgliedern verschiedene Zugangsrechte eingeräumt werden. Grundsätzlich kann man reinschnuppern und sich auch beraten lassen, dafür sind im Verein sogenannte Werkstattleiter ernannt. In der Regel Mitglieder, die in den Bereichen Holz, Metall, Nähen oder Elektronik bereits Erfahrung haben, sich mit dem Maschinenpark auskennen und bereit sind für den Verein ehrenamtlich zu arbeiten. Es stehen Fräsen, Sägetische, Drehbänke, Nähmaschinen oder auch Lasercutter und 3D-Drucker zur Verfügung. Dabei ist der Makerspace in Wiesbaden deutlich zu unterscheiden von einer Mietwerkstatt: Das stellt auch Miriam Scharf ausdrücklich klar: „Offene Werkstatt bedeutet nicht, dass jeder gleich an jeder Maschine machen kann, was er will. Vereinsmitgliedschaft ist schon ein Muss.“ Mit einem monatlichen Mitgliedsbeitrag von 25 Euro kann man tatsächlich einen großen Teil der Kosten stemmen. Dazu kommen noch Sachspenden, Projektförderungen sowie der eine oder andere Einmalbetrag von Stiftungen oder aus Lotteriegeldern. Vereinsmitglieder engagieren sich gerne in Bildungsprojekten der Stadt, so stemmen sie Teile des Wiesbadener „Wi and You“ Programms, arbeiten mit Jugendlichen zusammen oder sind bei der Women’s Night im Mainzer Baumarkt Bauhaus zu finden.
Tatsächlich wirkt hier alles wie in einem modernen Kollektiv. Aufgeräumt, förderlich und Geschlechterrollen wirken überwunden. Folgt der Makerspace einer Ideologie? „Das Selbermachen ist ja quasi an sich eine Ideologie. Damit bekommt man auch eine andere Wertigkeit zu den Dingen“, findet Miriam Scharf. Ihre Motivation war als „ehemalige gelernte Schreinerin“, die direkt nach der Ausbildung studiert hatte, mal zurück zu den Wurzeln zu kommen. Nun hat sie nicht nur eine Formatkreissäge zur Verfügung, sondern kann auch mal die Schweißecke nutzen oder sich an der Drehbank auslassen. Auch Tine Henke, seit vier Jahren dabei, kommt als ehemalige Elfenbeinschnitzerin und studierte Restauratorin wieder zu ihren Wurzeln zurück und freut sich über eine selbstgemachte Kette aus Rinderknochen. Dieter Haude seinerseits ergründet The Things Network (TTN), „forscht und fördert“ am Low Power Long Range System. Praktischer Nutzen ist hier beispielsweise die Übertragung der Infos von Frostwarnern in Weinbergen. Ob und wann der Makerspace am Rande einer Mitglieder-Kapazität angelangt, ist ungewiss. Tine Henke fasst es so zusammen: „Früher dachten wir bei 100 ist Schluss, jetzt sind wir über 130 Mitglieder und es geht gut. Aber wenn natürlich jedes Mitglied plötzlich eine eigene Küche bauen will, dann wird’s eng.“ Bisher laufen alle Steckenpferdchen noch gut und gütlich miteinander und noch können neue Mitglieder aufgenommen werden.

WTF
Makerspace Wiesbaden e. V.
Wandersmannstraße 60,
65205 Wiesbaden-Erbenheim
Tel: 0611 – 945 86 772
makerspace-wi.de

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