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Wiesbaden

Walhalla, bald Ort aller Generationen?

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Noch ist das Walhalla-Theater in Wiesbaden im Dornröschenschlaf eines Lost-Places. Aber bereits 2024 soll Baubeginn, also der Start zur Sanierung, sein. Aber was genau wird passieren? Darüber sprach STUZ mit Vanessa Remy, die seit Februar als Projektleiterin an der Wiederbelebung arbeitet.

von Katja Birkenfeld und Michael Süss

STUZ: Frau Remy, Sie sind heute 100 Tage im Amt als Projektleiterin für das Walhalla. Wie sieht momentan Ihr Arbeitsalltag aus?
Remy: Er besteht aus vielen Gesprächen, ich habe mich in den Gremien vorgestellt und tausche mich dort aus, lese unzählige Dokumente, trage Informationen der unterschiedlichsten Disziplinen zusammen und entwickle daraus Projektstrukturen und schließlich ein stimmiges Nutzungskonzept.

Inzwischen steht das Prinzip: Erst ein Nutzungskonzept, dann die Sanierung. Welche Ideen sind denn in der Diskussion für eine Nutzung?
Wir weichen in diesem Projekt vom klassischen Weg, erst das Nutzungskonzept, dann das Bauen ab. Beides wird Hand in Hand entwickelt. Das bedeutet viele Details kommen zeitgleich zusammen und prägen die Projektentwicklung, also welche programmatische Nutzung, welches Raumkonzept, wie ertüchtige ich das Haus technisch, der Denkmalschutz und der Brandschutz stellen Aufgaben, die gelöst werden wollen.

Mit welchen Kulturschaffenden sind Sie im Gespräch, wie kann man an die gesamte Stadtgesellschaft herantreten und alle mit ins Boot holen?
Über den Kulturbeirat beispielsweise bin ich mit vielen Kulturschaffenden, institutionell wie projektgeförderten Kulturorten in Kontakt. Den einen und die andere kenne ich noch aus meiner Zeit in Wiesbaden, ich lebte während meines Schaupielstudiums hier und hatte mein Debüt am Wiesbadener Staatstheater, bevor ich später dann zu Suhrkamp und damit in die Verlagsbranche ging. Ebenso hilft mir die gute Übersicht des Kulturamts weiter, das mich durch gezieltes Knüpfen von Kontakten unterstützt. Die Stadtgesellschaft habe ich durch die Aktion „meine Walhalla Geschichte“ eingeladen, mit ins Boot zu steigen. Hier sind alle aufgerufen, ihre Walhalla Geschichte unter wiesbaden.de oder auch postalisch an mich einzusenden. Außerdem ist es wichtig, den Informationsfluss zu steigern und Transparenz zu schaffen. Das gelingt beispielsweise durch die neue Internetpräsenz und die Rubrik „Neues von der Kulturbaustelle“, wo man sich über das aktuelle Geschehen hinter den Kulissen im Walhalla informieren kann.

Würde das Walhalla, in der neuen Konzeption, eine Bedrohung für die kleinen, wenig finanzstarken Bühnen der Stadt darstellen?
Das Walhalla soll ein Ort der Kooperationen werden. Auch um diese Möglichkeiten auszuloten führe ich die zahlreichen Gespräche mit Kulturschaffenden und bin glücklich darüber, wie viele in den Prozess einsteigen. Aus meiner Sicht ist Kultur eine gesellschaftsrelevante Aufgabe die dann gelingt, wenn man sie zusammen angeht.

Wie treten Sie an jüngere Menschen, so unter 25 heran, um deren Wünsche und Ideen zu erfahren?
Mit dem Jugendinformationszentrum habe ich mich ausgetauscht und möchte gerne eine Zusammenkunft des Jugendparlamentes besuchen, um das Projekt Walhalla den Jugendlichen vorzustellen. Mit der künftigen Sozialdezernentin habe ich gesprochen. Dadurch, dass in den Gremien keine Jugendlichen sitzen, ist es enorm wichtig, selbst aktiv einen Weg zu ihnen zu suchen, damit sie die Chance erhalten, sich einzubringen, wenn sie das möchten.

In seinem Manifest stellte der Kulturbeirat 2019 sehr weit gefasste Ziele auf, wie „24/7 offen“ und Öffnung für alle et cetera. Welches Profil steht Ihrer Meinung nach dem Walhalla gut?
Das Walhalla soll ein Ort aller Generationen werden. Idealerweise beginnt also morgens bis in den Nachmittag hinein das Programm für Kinder und Jugendliche, in Kooperationen mit Kitas, Schulen und Orten der offenen Kinder- und Jugendarbeit, ergänzt durch Familienangebote am Wochenende. Die Gastronomie wird ihre Türen offen haben und zum Verweilen einladen und abends startet dann das Kulturprogramm für Erwachsene. Mit dieser langen Öffnungszeit trägt das Walhalla auch zur Belebung der Innenstadt bei. Klugerweise hat die Stadtverordnetenversammlung den Beschluss gefasst, dass im Walhalla Kultur stattfindet, denn die Transformation die unsere Innenstädte gerade durchleben zeigt, dass das Kaufhaus als belebender Faktor an Attraktivität verloren hat.

Die Sanierung wird sehr teuer. Der Kulturbeirat wünscht sich ein gewähltes Kuratorium. Ist es wirklich denkbar das Gebäude dann ohne eine Betreibergesellschaft zu führen?
Wiesbaden hat im Zweiten Weltkrieg relativ wenig Zerstörung erfahren und eine einzigartige Architektur, die die Atmosphäre in der Stadt, das Lebensgefühl, mitprägt. Das Walhalla ist ein Einzelkulturdenkmal, das jetzt vor dem Verfall gerettet werden muss. Es zu erhalten, auch für künftige Generationen, ist ein verantwortungsvoller Auftrag, den die Stadt annimmt. Und das kuratorische Prinzip schließt einen Betreiber nicht aus. Auch hier möchte die Stadt Wiesbaden Verantwortung übernehmen, unter anderem auch um bezahlbare Mieten sicherzustellen, wo sie benötigt werden.

Fotos: Vanessa Remy

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