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Umwelt

Robuste, reizvolle Robinie

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Sie trotzt Hitze und Trockenheit und könnte ein sogenannter Klimawandelbaum für die Zukunft sein. Doch ebenso ist die Robinie ein invasiver Neophyt, der vor allem an mageren Standorten die heimische Vegetation verdrängen kann.

von Katja Birkenfeld

Die Gattung Robinia wurde nach Jean Robin benannt, der als Botaniker des französischen Königs Henri, dem Dritten, 1601 einige Samenkörner der Spezies nach Paris brachte. Die Robinie stammt ursprünglich aus der Region der Appalachen im Osten Nordamerikas und belegt heute mit 3,2 Millionen Hektar forstlichem Anbaugebiet weltweit hinter der Pappel und dem Eukalyptus Platz drei der Nutz-Laubgehölze. Der wirtschaftliche Faktor ist ihr hartes, beinah unverrottbares Holz, das auch ohne Imprägnierung wetterbeständig ist. So ist es vor allem für den Bau von Außenausstattungen wie Spielund Sportgeräten, Zäunen oder Gartenmöbeln begehrt, kann sogar Tropenhölzer ersetzen, eignet sich aber ebenso auch als Brennholz. Mit einem Wachstum von bis zu zwei Metern pro Jahr produziert der Baum dieses rasch. Seit circa 1750 wird die Robinie außerdem dazu verwendet, sandiges und felsiges Gelände wie zum Beispiel Ufer oder Bahnböschungen zu stabilisieren und unfruchtbare Böden mit ihren stickstofffixierenden Eigenschaften zu revitalisieren. Außerdem ist sie eine beliebte Zierpflanze.

Falscher Akazienhonig
Deutscher Robinienhonig kommt hierzulande tatsächlich als „Akazienhonig“ deklariert in den Handel. Obwohl die Gattung botanisch gesehen nur entfernt mit der echten Akazie verwandt ist, sehen sich beide Arten recht ähnlich und die Robinie wird auch „falsche Akazie“ oder „Scheinakazie“ genannt. Beide Pflanzen tragen große weiße Blüten, die ausreichend Pollen und Nektar produzieren, um als Bienenweide angebaut werden zu können. Allerdings sind echte Akazienpflanzen sehr anspruchsvoll und bevorzugen ein tropisches oder subtropisches Klima, weshalb echter Akazienhonig in Deutschland grundsätzlich Importware ist. Qualitativ kann der Robinienhonig aber durchaus mit dem Original mithalten und auch geschmacklich sind sich beide Sorten sehr ähnlich. Wer seinen ökologischen Fußabdruck verringern möchte ist mit dem deutschen Äquivalent sogar besser bedient. Der Kauf unterstützt regionale Imker und vermeidet lange Transportwege. Die von den Bienen so gern frequentierten, wohlduftenden, auffälligen Blütenstände sind das einzig giftfreie, was die Robinie zu bieten hat. Alle anderen Bestandteile, also Holz, Rinde, Pflanzensaft, Blätter und Samen, beinhalten giftige Eiweiße, sogenannte Toxalbuminen, sowie Lektine. Aus biologischer Sicht handelt es sich bei ihnen um echte Toxine, deren Folgen der Mediziner eindeutig als Vergiftung einstufen wird. Die Toxine der Robinie wirken sowohl auf Vögel als auch auf Säugetiere, wie zum Beispiel den Menschen, giftig. Bei dem Thema Gift der Robinie sollte auf Kinder besonderes Augenmerk gerichtet werden; der lieblich-süße Geruch, den die Blüten und in geringerem Maße auch das Holz verströmen, könnte sie dazu verleiten, kleine Zweige, Blätter oder Samen in den Mund zu nehmen.

Auswirkungen auf die Biodiversität
Trotz ihrer positiven wirtschaftlichen Aspekte kann die Robinie sich sehr negativ auf ihre Umwelt auswirken. Ihr Ausbreitungspotential ist enorm. Ab einem Alter von sechs Jahren bildet sie eine Vielzahl lebensfähiger Samen aus, die vom Wind bis zu 100 Metern im Radius um die Mutterpflanze verteilt werden. Ihre Hülsen verbleiben bis nach dem Laubfall am Baum, was dem Risiko entgegenwirkt, dass die Samen in nassen Perioden am Boden verrotten könnten. Die schnell wachsende Robinie besitzt eine enorme vegetative Vermehrungskraft, die sich vor allem in Stockausschlägen und Wurzelschösslingen offenbart. Auch dann, wenn man sie fällt oder zurückschneidet. Als konkurrenzfähige Pionierart verändert sie die lokalen Pflanzengemeinschaften grundlegend, indem sie einen sehr dichten, waldartigen Bestand bildet. Einheimische Bäume und Sträucher werden einer starken Konkurrenz ausgesetzt, die die natürliche Waldverjüngung verhindert und zu einer Verarmung der Florenzusammensetzung führt. Der Neophyt gedeiht auch auf nährstoffarmen Böden und erhöht hier sogar die Bodenfruchtbarkeit, indem er dank einer Symbiose mit Knöllchenbakterien an seinen Wurzeln Luftstickstoff fixiert. Allerdings verdrängt er auf diese Weise auch nach und nach die an nährstoffarme Standorte angepassten Arten.

Baum des Jahres 2020
2020 ist die Robinie von der Dr. Silvius Wodarz Stiftung als „Baum des Jahres“ ausgerufen worden. Die Kriterien für die Wahl des „Baum des Jahres“, eine geschützte Marke, orientieren sich zwar auch an der ökologischen Bedeutung, der Seltenheit oder Bedrohtheit der Baumart, im Vordergrund steht jedoch die Aufklärung der Bevölkerung über die Eigenarten des jeweils ausgewählten Baumes. Die Robinie, die auch in der „Warnliste invasiver Gefäßpflanzen in Deutschland“ aufgeführt wird, wurde als erster invasiver Neophyt von dem Kuratorium ausgewählt, weil in Werbemaßnahmen für die Art, oft nur einseitig die Vorzüge des Baumes herausgestellt wurden.

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