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Kultur Wiesbaden

„Kultur ist die Basis einer Gesellschaft“

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Susanne Müller ist zusammen mit Wolfgang Vielsack Betreiberin des Wiesbadener Theaters Künstlerhaus 43. Zudem ist sie gewähltes Mitglied im Kulturbeirat der Stadt Wiesbaden. Sie bringt nicht nur Kultur auf die Bühne, sie tritt auch für den Erhalt der Wiesbadener Spielstätten ein, denen enorme Kürzungsabsichten im Haushalt der Stadt das Leben schwer machen.

Interview: Michael Süss

STUZ: Susanne, es stand bis zur Mitte November eine radikale Kürzung im Kulturhaushalt der Stadt an. Was wurde abgewendet und wo wird trotzdem gespart?
Susanne Müller: Ausgehend von einer pauschalen Kürzung von 20 Prozent auf die Förderung 2022, wird jetzt der Stand 2023 fortgeschrieben. Das war erst einmal eine riesige Erleichterung, bedeutet aber trotzdem eine versteckte Kürzung, denn die enormen Kostensteigerungen im letzten Jahr treffen auch die Kulturbetriebe. Die im April abgegebenen, durch eine Jury kuratierten Zuschussanträge für 2024/2025 wurden nicht berücksichtigt. Diese basierten auf aktuellen Zahlen. Große Einschnitte gibt es im Bereich Projektförderung. Freie Kulturträger, die sich ausschließlich darüber finanzierten, können jetzt entweder weniger Projekte oder nur noch ganz kleine Projekte machen. Neues kann sich so nicht entwickeln. Von Planungssicherheit kann man nicht mehr sprechen.

Der Arbeitskreis Stadtkultur, mit über 40 freien Kulturträgern, ist in einem sehr guten, engen Austausch mit den Politiker:innen. Die Bedingungen für die zukünftigen Haushalte sind schlecht und wir kämpfen mit veralteten Förderstrukturen. Das heißt: wenn es zu einer Kürzung kommt, werden nicht alle Kulturbetriebe gleichbehandelt. Rechtliche oder vertragliche Regelungen machen dies angeblich in machen Einrichtungen unmöglich. Aber auch in der freien Kulturszene gibt es diese vertraglichen Regelungen. Auch hier gibt es Arbeitsverträge und rechtliche Verbindlichkeiten. Erschwerend kommt hinzu, dass die freie Kulturszene von jeher niedriger gefördert wird als öffentlich-rechtliche Träger.

Was sollte Deiner Meinung nach Kultur erreichen?
Kultur ist die Basis einer Gesellschaft, sie fördert ihre Identitätsentwicklung. Sie soll berühren, Diskurse eröffnen, Wissen vermitteln, Menschen zusammenbringen, zum Nachdenken anregen, Räume für Wachstum eröffnen, Fragen aufwerfen, aufrütteln und natürlich unterhalten. Nicht umsonst sagen wir: Wenn an der Kultur gespart wird, dann rette sich wer kann.

Du bist im Kulturbeirat der Stadt, was ist das für eine Einrichtung und welche Aufgaben hat er?
Der Kulturbeirat ist die Schnittstelle zwischen Politik und Kultur. Er hat die Aufgabe als Fachgremium die Politik in kulturpolitischen Fragen zu beraten. Zu allem, was in der Verwaltung oder in der Stadtverordnetenversammlung zum Thema Kultur passiert, nimmt er Stellung. Der Beirat kann aber eigene Themen, die er als wichtig erachtet, in den für Kultur zuständigen Ausschuss der Stadtverordnetenversammlung einbringen.

Welche Aufgaben siehst Du für die Kulturschaffenden in der näheren Zukunft?
Jetzt wurde ein einjähriger Haushalt verabschiedet, das heißt uns stehen direkt die Verhandlungen für den Haushalt 2025 ins Haus. Besten Falls kämpfen wir um eine Anhebung des Kulturhaushalts, zumindest um Inflationsausgleich und Berücksichtigung der Juryentscheidungen der Anträge 2025.

Als Mitbetreiberin des Künstlerhaus43: Wie motiviert man sich in Zeiten leerer Kassen?
Sparen geht nicht mehr. Der Kulturbetrieb hat keine einzige Luxusausgabe.

Wir machen das, was wir tun mit Leidenschaft, es ist unsere Berufung, deswegen steht für uns nicht das Geld im Vordergrund. Wir wollen in erster Linie etwas mit unserer Kunst bewegen. Das ist gleichzeitig auch immer unser Nachteil, denn entsteht der Eindruck: ein Künstler braucht vermeintlich nicht viel. Aber er arbeitet deswegen teils unter sehr prekären Bedingungen. Wir suchen nach zusätzlichen Möglichkeiten der Finanzierung, beispielsweise über das Land oder den Bund, Stiftungen und Sponsoren. Wir haben das große Glück einen Förderverein zu haben, der uns bei der Finanzierung der Projekte unterstützt.

Was steht bei Euch als nächstes auf dem Programm?
Ich empfehle „Heute Abend: Lola Blau“ von Georg Kreisler oder „Hotelgeflüster im Palast“ zur Geschichte des Palasthotels zu besuchen. Das sind Produktionen, die im letzten Jahr entstanden sind. Es gibt auch tolle Gastspiele wie: „Wann ist denn endlich wieder Frieden in dieser irren Zeit“ von Moritz Stöpel oder die Travestieshow von Gina & Glinda. Das Theater kuenstlerhaus43 im Palast gibt es nun schon seit 18 Jahren als Freies Theater in Wiesbaden.

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