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Stinkender Schönling

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Was kreucht und fleucht im STUZ-Gebiet? Wilde Tiere vor der Haustür, Teil 42: Der Wiedehopf

von Konstantin Mahlow

Er gehört zu den extravagantesten Vertretern der heimischen Avifauna, auch wenn kaum einer ihn je zu Gesicht bekommt: Der Wiedehopf ist mit seinem auffälligen Irokesen und dem eleganten Federschmuck ein echter Blickfang in der Landschaft Rheinhessens. Seine Erscheinung schwankt zwischen Punk und Bayreuther Festspiele – eine wilde Mischung aus modischer Ignoranz und Mut zum Außergewöhnlichem. Nicht einmal 1000 Brutpaare ziehen in Deutschland ihre Jungen auf, ein paar Dutzend davon im STUZ-Gebiet und einige sogar in den Mainzer Vororten. Der sonst eher im Mediterranen heimische Vertreter der Ordnung der Rackenvögel hat hier einen seiner nördlichsten Verbreitungsschwerpunkte. Um Ihn vor das Fernglas zu bekommen, braucht man allerdings nicht nur das richtige Timing, sondern auch eine gehörige Portion Glück.

Der Wiedehopf (Upupa epops) kommt in Rheinland-Pfalz in einer inselartigen, von anderen Brutgebieten getrennten Population von etwa 80 Paaren vor. Das klingt erst einmal wenig, es sind aber mehr als doppelt so viele Paare wie noch in den 80er Jahren. Seitdem bemühen sich verschiedene Umweltorganisationen um den Vogel des Jahres 2022. Sein spezielles Aussehen verleiht ihm dabei ein Alleinstellungsmerkmal, das ihm zu größeren Beliebtheitswerten als anderen Arten verhilft, sozusagen sein „pretty privilege“ in der Tierwelt. Neben der Federhaube auf dem Kopf fallen vor allem die schwarz-weiß gestreiften Flügel auf, die dem Wiedehopf dazu dienen, in lichter Vegetation mit reichlich Wechsel von Licht und Schatten besser getarnt zu sein. Er liebt offene, warme Habitate mit vielen Insekten, wie die hierzulande typischen Streuobstwiesen und Brachflächen. Sein deutscher Name bezieht sich vielleicht auf die ulkig aussehende Angewohnheit, seine Nahrung im leichten Galopp auf dem Boden zu sammeln – er hüpft dabei auf der Wiese respektive „hopft auf der Wiede“. Jedoch ist das bis heute umstritten. Sein lateinischer Vorname Upupa rührt wiederum zweifelsfrei vom ähnlich klingenden Balzruf der Männchen her.

Anfang April kommen die Vögel aus ihren Überwinterungsgebieten in Afrika und bleiben bis August bei uns. Im STUZ-Gebiet liegen ihre Reviere unter anderem im Mainzer Sand, im Mombacher Oberfeld, im Lennebergwald, auf dem Kissel- und dem Höllenberg. Der Verein „Arbeitskreis Umwelt Mombach e.V.“, der vor allem im Bereich des Oberfelds und des durch einen geplanten Autobahnausbau bedrohten Mainzer Sands aktiv ist, hat den Wiedehopf nicht ohne Grund und vermutlich auch nicht völlig ohne Stolz zu ihrem Wappentier erhoben. Sein Aussehen, seine Seltenheit, vielleicht auch diese spezielle Aura, die ihn umweht – der Wiedehopf ist einfach etwas Besonderes, eine Rarität, von deren Sichtung Ornithologen im kalten Wattenmeer nur träumen können. Bei kaum zweihundert erwachsenen Tieren, die in Rheinland-Pfalz zum Brüten vorbei kommen, ist eine Sichtung allerdings auch hierzulande eine mittelschwere Sensation für jeden Hobby-Vogelkundler. Ein großartiges wie seltenes Foto eines Wiedehopfs im Mainzer Sand ist immerhin auf der Webseite des Arbeitskreises zu bewundern.

Aber woher kommt eigentlich die selten als Kompliment gemeinte Redewendung „du stinkst wie ein Wiedehopf“? Tatsächlich verbirgt sich hinter all der Extravaganz ein übelriechendes Geheimnis, das den Wiedehopf dann doch mehr in Richtung Bahnhofs-Punk anstatt Festspiel-Besucher einordnet. Fühlen sich die Jungvögel in ihrer Bruthöhle bedroht, spritzen sie Kot auf die Angreifer. Auch Vögel, die etwa zur Beringung von Menschenhand gegriffen werden, koten was das Zeug hält. Dazu kommt ein schlimm riechendes Sekret aus einer speziellen Bürzeldrüse, das man manchmal in der freien Natur wahrnehmen kann, ohne einen Wiedehopf zu sehen. Auch ihre Brutstätten verteilen bei all dem regelmäßigen Ausstoßen von Sekreten und Extrementen alles andere als eine Wohlfühl-Atmosphäre – und das ist gut so. Das Abwehrverhalten des Wiederhopfs gilt als vergleichsweise wirkungsvoll.

Gegen die fortschreitende Zerstörung seines Lebensraums in vegetationsarmen, offenen Landschaften wie dem Sand kann er sich allerdings nicht wehren. Wer dem etwas anderen Vertreter unserer Vogelwelt helfen möchte, der hilft am besten Vereinen wie dem Arbeitskreis Umwelt Mombach, die sich für den Erhalt dieser deutschlandweit seltenen Habitate einsetzten. Für den Wiedehopf und damit Rheinhessen nicht seine kleine ökologische Besonderheit verliert.

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