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Wird Mainz zur Schwammstadt?

Unter dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz entsteht derzeit ein Bauwerk, das man später kaum sehen wird: eine unterirdische Zisterne, die den Campus widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels machen soll.

von Janina Dillmann

3.000 Kubikmeter Regenwasser, also rund drei Millionen Liter Fassungsvermögen, soll die Zisterne auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz haben. „Das entspricht etwa dem doppelten Volumen des Schwimmbeckens im Taubertsbergbad“, erklärt Alexander Kiefer, Wasserbauingenieur und Geschäftsführer des Mainzer Ingenieurbüros Francke+Knittel GmbH. Er leitet die Planung und den Bau des Projekts. Dieses Regenwasser kommt von fünf großen Dachflächen auf dem Campus, insgesamt etwa 5.700 Quadratmeter. Dazu zählt auch das Dach der Sporthalle, das etwa „so groß wie die Tartanbahn daneben“ ist, sagt Kiefer. Über ein neu angelegtes Kanalsystem fließt das Wasser durch einen Filter in den unterirdischen Speicher, der bis zu sechs Meter unter die Oberfläche reicht.

Unterirdische Klimaanpassung
Die Zisterne soll den Campus nachhaltiger machen. In trockenen Sommern soll sie den Botanischen Garten mit Wasser versorgen. Sollte es in Zukunft also häufiger zu Trinkwasserknappheit aufgrund von längeren Dürreperioden kommen, können die Pflanzen weiter versorgt werden. Über eine Pumpenleitung gelangt das gespeicherte Regenwasser direkt in den Garten, der für Forschung und Lehre von großer Bedeutung ist. Hier kultivieren Wissenschaftler:innen seltene Pflanzen aus Rheinland-Pfalz und tragen so zur Erhaltung der regionalen Biodiversität bei. Auch das Wasser aus dem Uni-Schwimmbad, das ohnehin jedes Jahr im Herbst geleert wird, soll zur Bewässerung des Gartens genutzt werden. „Das Chlor ist für die Pflanzen kein Problem“, versichert Kiefer. „Die Biologen und Chemiker der Uni Mainz haben das genau untersucht.“

Doch der unterirdische Speicher kann laut dem Wasserbauingenieur noch mehr als nur Bewässerung: Bei Starkregen entlaste er die Kanalisation und mindere so das Risiko von Überschwemmungen in Mainz. Gleichzeitig verbessere das System den Gewässerschutz, denn das zurückgehaltene Regenwasser gelangt nicht mehr ungefiltert in den Gonsbach oder den Rhein. Dadurch sänken die Einträge von Schadstoffen, Mikroplastik und Fäkalkeimen deutlich, so Kiefer. Auch wirtschaftlich soll sich das Projekt rechnen: So sollen jedes Jahr mehrere Tausend Euro an Entwässerungs- und Trinkwasserkosten eingespart werden, erzählt der Wasserbauingenieur. Laut ihm liegt der potenzielle Vermeidungsschaden bei längeren Dürreperioden zwischen acht und zwanzig Millionen Euro, also ein Vielfaches der Investitionskosten von 2,5 Millionen Euro.

Das unsichtbare Fundament
Das Projekt ist ein Versuch, Mainz klimaresilienter zu machen. Denn insbesondere die urbanen Räume in Deutschland bleiben vom Klimawandel nicht verschont: „Hitze, Starkregen, Überflutungen und Trockenheit – alle Regionen in Deutschland, aber insbesondere die Städte mit ihrem Umland sind von diesen Folgen des Klimawandels betroffen“, erklärt das Umwelt-Bundesamt auf seiner Website. Genau hier setzt das Schwammstadtprinzip an: Städte sollen Regenwasser nicht mehr möglichst schnell ableiten, sondern aufsaugen, speichern und gezielt wieder abgeben – wie ein Schwamm eben. Durch grüne Flächen, durchlässige Böden und unterirdische Speicher wie die neue Zisterne kann Wasser in der Stadt gehalten werden. So wird Hitze abgemildert, Vegetation erhalten und die Kanalisation bei Starkregen entlastet. Der Gedanke, Regenwasser auf dem Campus zu nutzen, stammt aus einer Studie, die bereits vor rund zehn Jahren durchgeführt wurde. Damals wurde geprüft, wie Regenwasser zur Toilettenspülung oder Bewässerung eingesetzt werden könnte. Nun wird diese Vision Realität.

Gebaut wird von März 2025 bis Februar 2026, ungewöhnlich zügig für ein Projekt dieser Größe. „Das funktioniert, weil alle Beteiligten in Mainz sitzen und die Kommunikationswege kurz sind“, sagt Kiefer. Bauherr ist der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung Rheinland-Pfalz (LBB). Dabei ist der Bau einer solchen Zisterne technisch anspruchsvoll: „Man muss an alles denken, wenn man so etwas plant“, weiß Kiefer. Damit keine Schadstoffe ins Wasser gelangen, sind die Betonwände der Zisterne speziell beschichtet. Ein sogenannter Notüberlauf in eine Sickerpackung sorgt zudem dafür, dass überschüssiges Wasser sicher versickern kann. Vor Baubeginn musste der Kampfmittelräumdienst das Gelände untersuchen, eine Routineprüfung bei größeren Bauprojekten in Mainz. Wenn das Projekt abgeschlossen ist, wird auf der Fläche ein Beachhandballfeld aufgebaut. Pünktlich zum Sommer 2026. Von der Zisterne selbst wird dann nicht mehr viel zu sehen sein. Doch sie wird das unsichtbare Fundament für eine klimaresiliente Zukunft des Campus bilden.

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