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Umwelt

Klimakrise ist Kopfsache

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Der voranschreitende Klimawandel verändert nicht nur unsere Umwelt, er schlägt auch aufs Gemüt. Die Initiative Psychologists for Future hilft Betroffenen damit umzugehen.

von Konstantin Mahlow

Die Zeiten, in denen die zu erwartenden Folgen des Klimawandels noch weit entfernte Szenarien aus dem Erdkundebuch waren, sind längst vorbei. Auch im STUZ-Gebiet ist das bei den (meisten) Menschen spätestens nach dem dritten Hitzesommer in Folge angekommen. Im Lennebergwald ist streckenweise jeder zweite Baum abgestorben, in der Stadt überleben die Grünflächen nur noch dank privater Bewässerung und die Wiesen am Rhein werden wohl über Jahre nicht mehr richtig grün werden. Doch nicht nur die Umwelt leidet unter der Erderwärmung und deren Auswirkungen. Auch unsere Psyche wird, obgleich weniger offensichtlich, auf vielfältige Art und Weise von den veränderten Lebensbedingungen beeinflusst. Ob Angst, Ohnmacht oder Verdrängung – der Klimawandel sorgt für schlechte Stimmung.

Was genau in unseren Köpfen passiert, wenn die Polkappen schmelzen und die Störche im Winter nicht mehr nach Afrika fliegen, ist einer der Schwerpunkte, mit dem sich die Initiative Psychologists for Future, kurz Psy4F, beschäftigt. Der Verbund aus Psychologen, Psychotherapeuten und Studierenden der Psychologie gründete sich im April 2019 und ist heute deutschlandweit in Ortsgruppen organisiert. Der Name ist kein Zufall: Die Initiative unterstützt die Forderungen der Fridays-for-Future-Bewegung nach einem konsequenteren Handeln in der Krise und war in ihren Anfangszeiten auf Demonstrationen aktiv. Die Pandemie zwang ihre Mitglieder jedoch, ihr Engagement von der Straße an den Schreibtisch zu verlegen. Fortan organisiert sich Psy4F auch in regionalen Strukturen. In Mainz ist sie mit einer Arbeitsgruppe von acht Aktivisten vertreten. In den Medien wurden sie zuletzt wiederholt zu Themen wie Klimaangst und Verdrängung zitiert.

„Die Klimakrise ist auch eine psychologische Krise“, erklärt Kathrin Macha, die Ortsgruppensprecherin der Mainzer Gruppe. Die 29-jährige ist Psychologin und Psychotherapeutin in Ausbildung. „Eine ganze Menge psychologischer Aspekte spielen hier eine Rolle. Das ist zum einen der Umgang mit den Auswirkungen der Krise auf unsere Psyche, die kommen werden und zum Teil auch schon da sind, als auch mit der Krise selbst. Dazu zählt auch die Frage, warum es uns so schwerfällt, trotz der drohenden Katastrophe unser Verhalten zu verändern.“ Dank ihrer Expertise können die Mitglieder von Psy4F Erklärungsansätze liefern und Betroffene in beratender Funktion unterstützen, um konstruktiveres Handeln im Umgang mit der Krise zu fördern. „Wir bieten sowohl Workshops als auch Einzel-Coachings zum Umgang mit schwierigen Gefühlen und Herausforderungen in der Klimakrise an, darunter auch für nachhaltigen Aktivismus.“

Gemeint ist damit die Unterstützung derjenigen, die sich bereits aktiv engagieren und angesichts der aktuellen Entwicklung Gefahr laufen, „sich nicht mehr wohl zu fühlen oder einfach ausgebrannt zu sein. Wer die Strukturen im Aktivismus kennt und weiß, wie viel ehrenamtliche Arbeit dahintersteckt, der weiß auch, wie kräftezehrend und belastend diese Arbeit sein kann.“ Das Zögern in Politik und Gesellschaft, sich vehementer gegen die Krise zu stellen, trägt ebenfalls dazu bei. Für Engagierte bietet Psy4F deshalb ein spezielles Coaching an: „Angesichts der Katastrophe, die auf uns zukommt, entstehen vermehrt Gefühle wie Überforderung und Ohnmacht, es kann zu Depressionen und Angstzuständen kommen. Mit unserem Coaching-Angebot beraten wir Betroffene, wie sie damit umgehen können und nicht den Halt verlieren.“

Unterstützung und Aufbau von Resilienzen also. Wer sich angesprochen fühlt, kann sowohl mit den überregionalen als auch mit den regionalen Gruppen in Kontakt treten und sich beraten lassen. Workshops und Coachings werden in digitaler oder telefonischer Form angeboten, persönliche Treffen sind aber auch möglich. Dass der Klimawandel jeden was angeht, haben in Mainz übrigens schon mehr Mitbürger kapiert. Sie organisieren sich im Netzwerk „Mainz im Wandel“, ein Zusammenschluss aus mehreren aktivistischen Gruppen vor Ort, die sich um einen sozial-ökologischen Wandel in der Stadt bemühen. In dessen Rahmen bietet auch Macha in den kommenden Monaten einen Workshop zum Thema Kommunikation in der Krise an. Die Termine werden demnächst bekannt gegeben. Bis dahin heißt es: Zuversichtlich bleiben und trotz allem nicht den Kopf hängen lassen!

Infos zur Beratung und Workshops unter: psychologistsforfuture.org. Die Ortsgruppe Mainz ist unter mainz@psychologistsforfuture.org zu erreichen.

Bild: Johannes Schierwater

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