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Reparieren statt Aussortieren

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Was früher Gang und Gäbe war, galt lange als verstaubt: Das Reparieren. In der neuen Folge der STUZ-Nachhaltigkeits- und Öko-Serie zeigt ein aktueller Trend, dass Altgeräte durchaus eine zweite Chance verdient haben.

von Rodney Fuchs

Der neue Toaster funktioniert bereits nach drei Jahren nicht mehr. Schnell ist ein neuer gekauft und das alte Gerät entsorgt. Doch warum leben wir in einer Gesellschaft, in der wir alte Elektrogeräte einfach aufgeben und uns neuen widmen? Eine Reparatur ist meist viel günstiger als der Kauf eines Neuprodukts und gibt uns die Möglichkeit, nachhaltiger mit Technik umzugehen. Das Handwerk des Reparierens jedoch verschwindet zunehmend, während wir in der Annahme leben, dass man manches gar nicht reparieren kann oder es sich schlichtweg nicht lohnt. Es gibt jedoch eine Hoffnung, die sich im Trend der Repair Cafés widerspiegelt.

Kaffee trinken und lernen
Die sogenannten Repair Cafés sind ein Angebot, das sich mittlerweile deutschlandweit findet und zunehmende Popularität genießt. Im Gegensatz zu kommerziellen Reparaturservices baut die Idee auf dem Prinzip der Nachbarschaftshilfe auf. Im Repair Café treffen sich Ehrenamtliche, um sich auszutauschen, Kaffee zu trinken und gemeinsam kaputte Dinge zu reparieren. Das nötige Werkzeug und Material sind meist vor Ort vorhanden und auch Kaffee gibt es zur Genüge. Das Prinzip ist einfach: Wer etwas Defektes hat, bringt es mit und kann mit Leuten vom Fach gemeinsam daran arbeiten, es wieder zu reparieren. Falls es dort nicht reparierbar ist, gibt es die Empfehlung, zu Reparaturexpert:innen zu gehen.

Ursprung
Der Ursprung der Idee liegt darin, dass unsere Gesellschaft übermäßig Dinge wegwirft, die eigentlich nur leicht beschädigt sind. Oft fehlt es den Menschen an der Kenntnis, wie man Dinge repariert, da diese im Laufe der Jahre quasi vergessen wurden. Stattdessen denken viele beim Reparateur an das nostalgische Bild eines nerdigen Technikfreaks, der in seiner Werkstatt bastelt und Dinge provisorisch zusammentüftelt. Doch genau diese Menschen können das verlorengegangene Wissen einer schnellen Reparatur teilen und dafür sorgen, dass wir Dinge nicht bloß wegschmeißen und neubestellen, sondern mit einer Reparatur wieder in Gang bekommen.
Dieser Prozess spart Energie, Emissionen und am Ende auch Geld. Denn im Repair Café zahlt man weder für die Reparatur noch für das angeeignete Wissen. Seit 2007 besteht die Initiative Repair Café, die von Martine Postma ins Leben gerufen wurde. Zunächst organisierte sie 2009 auf lokaler Ebene das erste Repair Café in Amsterdam. Daraufhin gründete sie die Stichting Repair Café (Stichting ist das niederländische Wort für Stiftung), die nun weltweit vernetzt ist und über 2.150 Standorte aufweist.

Konkurrenzsituation
Konkurrenz zu professionellen Reparaturdiensten sind Repair Cafés laut Aussage der offiziellen Website nicht. „Im Gegenteil!“ Die Standorte schärfen das Interesse am Reparieren und oft werden Besucher:innen der Repair Cafés an die wenigen noch bestehenden Profis weiterverwiesen. Darüber hinaus sind viele, die sich auf diesem Wege dem Reparieren nähern, oft noch keine Kunden von professionellen Reparatur-
diensten und haben defekte Dinge bisher meist entsorgt, da sie den Mehrwert einer professionellen Reparatur nicht sahen. Am Ende bleibt die Gewissheit, dass ein defektes Gerät eine zweite Chance verdient hat, denn eine Reparatur hilft auch der Umwelt und dem Klima.
Gemeinsam mit unabhängig organisierten Repair Cafés sind die Standorte der niederländischen Organisation ein Schritt zur Nachhaltigkeit und zum bewussten Umgang mit Technik und Geräten. Oft sind es nur die Größe oder der Neupreis, der uns davon abhält, eine Reparatur in Erwägung zu ziehen. Denn Autos kaufen wir ohne Bedenken gebraucht und sind sie kaputt, gibt es fast immer einen Weg, diese zu reparieren.

WTF
Repair Cafés gibt es in vielen Wiesbadener und Mainzer Stadtteilen. Eine Übersicht findet sich unter folgenden Links:
wiesbaden.de/leben-in-wiesbaden/umwelt/umweltberatung/repair-cafes.php
repaircafemainz.org

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