Zoë Cross macht Mut
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Die Wiesbadenerin Zoë Cross hat eine angeborene Gesichtslähmung. Doch das hielt sie nicht davon ab privat und beruflich ihren Weg zu gehen. Heute verhilft sie als Coach anderen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zu mehr Selbstvertrauen und Resilienz.
von Inken Paletta
„Ich habe das Moebius-Syndrom, eine angeborene Lähmung beider Gesichtsnerven. Betroffenen wie mir fehlt zum Beispiel die Mimik im Gesicht. Ich kann nicht lächeln. Viele Betroffene haben auch eine verwaschene Aussprache. Das erschwert die nonverbale, aber auch die direkte Kommunikation und damit den Umgang mit anderen Menschen“, erklärt die Wiesbadenerin Zoë Cross, die in München geboren ist und in Irland und Wiesbaden aufwuchs. „Meine Aussprache ist dank der Unterstützung meiner Eltern und guter Logopäden zum Glück sehr deutlich“, erklärt Cross und ergänzt: „aber vor allem auch durch die eigene Disziplin, mir eine klare Aussprache anzutrainieren.“ Viele Betroffene haben weitere sichtbare Beeinträchtigungen und werden wegen ihres anderen Aussehens häufig durch die Gesellschaft stigmatisiert, diskriminiert und ausgegrenzt.
Viele Menschen können nicht mit Andersartigkeit umgehen
Soziale Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigung sei oft auf fehlende Lebenserfahrung und mangelnde Empathie beim Gegenüber zurückzuführen. „Meist spielen aber vor allem Berührungsängste und eine Art Hilflosigkeit im Umgang mit der Andersartigkeit eine entscheidende Rolle“, meint Cross, die wegen ihrer Beeinträchtigung auch schon Diskriminierung ausgesetzt war. In der Grundschule in Irland fand sie als Kind zunächst schnell Anschluss. „Kleine Kinder haben meist keine Berührungsängste. Es waren die Eltern, die nicht mit meiner Andersartigkeit umgehen konnten und die die Schulleitung und meine Eltern drängten, mich auf eine Sonderschule zu schicken. Zum Glück waren der Direktor und auch meine Eltern anderer Meinung“, erzählt sie. Bereits mehrfach wurde Cross auf offener Straße beleidigt und bespuckt, weil sie anders aussieht. Besonders schlimm sei die körperliche Gewalt gewesen, die sie als Teenager durch Klassenkameraden erlebt habe. „Ich wurde gemobbt, verspottet, getreten und mehrfach gewaltsam zu Boden geschubst. Einmal wurde ich dabei sogar ohnmächtig“, erinnert sie sich. Solche Erfahrungen haben ihr Leben geprägt, doch Zoë Cross ließ sich davon nicht einschüchtern.
Sprachstudium im Ausland und beruflicher Erfolg
Nach dem Abitur studierte sie Japanologie in Oxford und Japan. „Fremde Sprachen und Kulturen haben mich schon immer fasziniert. Und mein Japanisch klingt trotz meiner Beeinträchtigung sehr klar“, erklärt sie stolz. Auch im Berufsleben erfuhr Cross bereits Mobbing und Ausgrenzung. Ich habe mich aber nie in eine Opferrolle drängen lassen. Meine Eltern haben mich immer dazu ermutig, bei Schwierigkeiten nicht den Kopf in den Sand zu stecken“, erzählt sie. Ihre erworbene Resilienz, also die Fähigkeit trotz widriger Umstände selbstbewusst den eigenen Weg zu gehen, habe aber auch viel mit Selbstliebe und -akzeptanz zu tun sowie mit dem Mut die eigene Komfortzone zu verlassen. „Nur wer lösungsorientiert denkt, bewegt sich nicht in Grenzen und hat die Chance auf Entwicklung.“ Ihre konstruktive Denkweise brachte Zoë Cross, die auch einen Master in EU-Recht hat, auch beruflich voran. Heute arbeitet sie als Nachhaltigkeitsmanagerin für die Wiesbadener Niederlassung eines japanischen Konzerns und ist nebenberuflich als Business und Personal Coach tätig.
Eigene Erfahrungen im Coaching weitergeben
Ihre Klienten kommen aus der ganzen Welt. „Angefangen habe ich damals mit Coaching zunächst im Bereich „Dating“, erklärt sie. „Ich dachte lange Zeit, ich habe wegen meiner Andersartigkeit keine Chance einen Partner zu finden.“ Doch ermutigt durch eine gute Freundin, fand sie schließlich über ein ganz normales Datingportal ihre große Liebe. „Also dachte ich, ich kann auch andere Menschen mit Makel dazu verhelfen, ihr Glück zu finden.“ Mittlerweile coacht sie Menschen zum Thema Persönlichkeitsentwicklung, Sichtbarkeit und Money Mind Set, darunter viele Frauen, die sich ein Business aufbauen wollen. Ihre Rede zum Thema Toleranz und Andersartigkeit, die sie im Dezember 2022 im Kasseler Rathaus vor 300 Gästen hielt, brachte ihr viel Applaus und Anerkennung. „Ich habe es als Sieg für mich, aber auch meinen Verein Moebius-Syndrom Deutschland, für den ich aktiv bin und für alle Betroffenen verbucht. Es würde mich freuen, wenn sich viel mehr Menschen für Toleranz und die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen einsetzen würden.“
Foto: Lil Dorotea
WTF
Zoë Anthea Cross
Website: zoe-cross.com
Facebook: facebook.com/zoe.cross3
Instagram: zoeantheacross
Das Buch „Sag jetzt nichts. Lass mich zu Ende reden“, eine Anthologie mit 24 inspirierenden Reden mutiger Frauen (darunter auch die von Zoë Cross) erschien am 22. Februar im S. Fischer Verlag.