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Mainz

Kleine (Stein-)zeitreise

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Auf dem Geopfad Weisenau kann man sich entlang des ehemaligen Kalksteinbruchs auf die Reise durch 20 Millionen Jahre Erdgeschichte begeben. Der Rundweg ist nur rund zwei Kilometer lang. Deswegen lässt er sich je nach Geschmack in Spaziergänge oder längere Wanderungen einbauen.

von Franziska Bold

Wegen der heißen Temperaturen hatte ich mich für einen ausgedehnteren Spaziergang von rund acht Kilometern entschieden. Eigentlich hatte es eine ausgeklügelte Runde entlang der Schilder des Rheinterrassenwegs werden sollen. Die Rechnung ist leider nur zum Teil aufgegangen. Deswegen vorab der Hinweis: Nachlaufen auf eigene Gefahr.

Ausgangspunkt war die Bushaltestelle Bahnhof Mainz-Laubenheim, die man mit den Linien 76 und 81 erreichen kann. Von dort aus folgte ich direkt der Beschilderung des Rheinterrassenwegs, die mich zuerst ein Stück durch den Ort und schließlich an einer beschaulichen Kapelle vorbei sanft den Berg hinaufführte. Der kleine Anstieg wurde dann auch direkt mit einer schönen Aussicht über die Weinberge belohnt. Munter ging es weiter, dem Schild des Rheinterrassenweges hinterher. Oben auf einem Feld angekommen stellte ich jedoch fest, dass ich den Rheinterrassenweg leider verlassen muss, um mich in Richtung Weisenau zu orientieren. Natürlich hatte ich dafür erst einmal die Outdoor- Navigationsapp Komoot zu Rate gezogen. Ich ließ die Schilder rechts und links von mir also außer Acht und ging weiter geradeaus einen Feldweg hinein. Einmal rechts und dann wieder links abbiegen und schon war ich an einer Bank neben einem Infoschild des Nabu angekommen. Von dort aus ging es nach rechts weiter, bis ich wieder an der Straße in Richtung Laubenheim stand. Kurz fragte ich mich, ob ich jemals am Geopfad ankommen würde. Komoot hat zwar einen um Welten besseren Orientierungssinn, so ganz geheuer war mir die Sache dann aber doch nicht.

Mangels erkennbarer Alternativen überquerte ich schließlich die Straße und folgte dem parallelen Fußweg nach rechts. Am Ende angekommen befahl mir das Navi nach links abzubiegen. Nach einer weiteren Abbiegung nach links befand ich mich zu meinem freudigen Erstaunen wieder auf dem Rheinterrassenweg und folgte dem Schild in Richtung Rheinufer. Kurze Zeit später tauchte zu meiner Rechten auf einmal der Einstieg zum Geopfad Weisenau auf. Okay, durchatmen – der schwierige Part war geschafft. Der Geopfad führt an insgesamt zwölf Infotafeln vorbei, welche sowohl über die Erdgeschichte als auch die Geschichte des Kalksteinbruchs informieren, der lange Zeit Rohstofflieferant für die Mainzer Zementindustrie war. Wenn man immer Ausschau nach der nächsten Infotafel hält, ist der richtige Weg nicht zu verfehlen. An der ehemaligen Abbauwand des Steinbruchs erinnert nichts mehr daran, dass hier einst Bagger das Bild der Landschaft prägten. Jetzt leben dort Vogelarten wie Dohle, Turm- oder Wanderfalke sowie zahlreiche Insekten, die sich in den sogenannten Magerrasen an den trockenen Hängen oberhalb der Felswände besonders wohlfühlen.

Durch klimabedingte Meeresspiegelschwankungen und Senkungen der Erdkruste kam es vor Jahrmillionen zu Meeresvorstößen bis in das Mainzer Becken. Daher sind hier Kalkgesteine aus der Tertiär-Zeit zu finden, die sich vor etwa 20 Millionen Jahren in einem flachen Meeresbecken ablagerten. Durch das Vorkommen bestimmter Fossilien lassen sich mehrere Gesteinsformationen unterscheiden. An der Wand des Steinbruchs sind Ablagerungen der sogenannten Oberrad-Formation zu sehen. In der Gesteinsschicht sind fossile Muscheln und Schnecken zu erkennen, die härter im Nehmen sind als die gesamte menschliche Zivilisation. Oberhalb der Oberrad-Formation befindet sich die Rüssingen-Formation, die in ihrer Mitte eine Schicht bestehend aus Muschelschalen aufweist. Diese Schicht ist die höchste feste Kalksteinlage der Steinbruchwand.

Durch die letzten Infotafeln wird man wieder in das aktuelle Zeitalter katapultiert. Sie erzählen von der Geschichte des Zementwerks Weisenau und erklären die Schritte der Zementproduktion. Neben Kalkstein gehören Ton und Mergel zu den wichtigsten Rohstoffen für die Herstellung von Zement. Nach ihrer Gewinnung in Steinbrüchen werden sie in Brecheranlagen zerkleinert und zu Rohmehl verarbeitet. In Drehrohröfen entsteht durch chemische Umwandlung sogenannter Zementklinker, der nach der Abkühlung zu feinem Zement gemahlen wird. Seit der Stilllegung des Steinbruchs und des Ofenbetriebes in Weisenau erfolgt nur noch die Mahlung des Zementklinkers hier vor Ort.

Am Ende des geologischen Rundgangs kann man entweder an der Wormser Straße direkt einen Bus nehmen oder nach Lust und Laune die Wanderung am Rhein entlang in Richtung Innenstadt fortsetzen.

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